Dienstag, 24. Januar 2012

Vorschau II von Noctambule III - Nefandii

Dies ist ein weiterer kleiner Auszug aus Noctambule III. Wer gerne nachlesen möchte, was bisher geschah, schaut doch bitte hier Noctambule und hier Noctambule II


Die Schwangerschaft hatte Anyas Sinne überaus geschärft. Es schien, dass die Natur es für notwendig erachtete, jetzt mehr denn je ein feines Gespür dafür zu haben, dass die Beute gesund war und Anya nicht durch irgendwelche Krankheiten vergiftete, um das Kind zu schützen. Sobald sie nahe genug an ihrem Opfer war, konnte sie an Schweiß und Blut riechen, wie es um die Gesundheit bestellt war.
Auch ihr Gehör war feiner geworden. Atmung und Puls hörte sie schon aus größerer Entfernung und halfen ihr, die Spur zu verfolgen, die der flüchtende Mensch legte. Doch nun hörte sie die vertrauten, leisen Schritte Armands hinter sich, als sie sich von dem zweiten Menschen in dieser Nacht löste und ihn sanft zurück legte. Sie lächelte, als er hinter ihr stehen blieb und seine Hand über ihre blonden Haare gleiten ließ.

"Unglaublich, wie hungrig werdende Mütter sind." raunte er leise und Anya glaubte, ein leichtes Lachen zu hören. Mit weichen, geschmeidigen Bewegungen erhob sie sich, drehte sich zu ihm um und schlang ihre Arme um seine schlanke Taille. Um sein Gesicht zu sehen, musste sie den Kopf weit in den Nacken legen, aber jedes Mal lohnte es sich, denn sein blasses Gesicht raubte ihr noch immer den Atem, wenn es sich zu ihr beugte, die dunklen Haarsträhnen in der Stirn und die schönen Lippen leicht geöffnet.
Am faszinierendsten waren aber seine schwarzen Augen, die sie immer wieder in ihren Bann zogen. Er zog sie enger an sich und drückte ihren Kopf fest an seine Brust. Anya schmiegte sich an ihn und genoss die Bewegungen seiner Muskeln an ihrer Wange.
"Für heute ist es genug." flüsterte sie gegen den Stoff seines Hemdes und genoss die streichelnde, große Hand, die mit ihren kurzen Haaren spielte. Wieder lachte er leise und hauchte einen leichten Kuss auf ihre Haare. Anya lächelte und rieb ihre Wange an seiner Brust. In ihrem Bauch spürte sie einen heftigen Tritt, der sie kurz zucken ließ. Sofort schob sich Armands Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht, um es prüfend zu mustern.
"Was ist?" Doch sie lächelte schon wieder und schüttelte kaum merklich den Kopf.
"Ich werde getreten." beschwerte sie sich amüsiert. Sie konnte sich nicht satt sehen an dem stolzen, ungläubig verwunderten Blick des werdenden Vaters. Der große Mann vor ihr, dessen Kräfte selbst von anderen Vampiren nur schwer zu überbieten waren, verwandelte sich in einen glücklichen Tollpatsch, der einfach nicht fassen konnte, dass in ihrem Bauch ein von ihm gezeugtes Leben heranwuchs. Nun legte er seine Hand tastend auf ihren runden Bauch und sank gleichzeitig in die Hocke, bis sein Gesicht vor ihrem Bauch war.
Kurz drückten seine Lippen einen Kuss auf den Bauch, dann verzog sich sein Gesicht zu gespielter Strenge.
"Hör mal zu, du Zwerg! Man achtet und ehrt seine Mutter. Du darfst ihr nicht weh tun, verstanden? Nicht treten und nicht schlagen!" Anyas glückliches Lachen ließ ihn schmunzelnd zu ihr aufsehen.
"Das Schlagen übernehme ich schon." fügte er raunend hinzu und in seinen Augen funkelte es kurz auf. Anyas schmales Gesicht wurde weich, als ein sinnliches Lächeln auftauchte. Sanft strich sie über seine Stirn und schob mit dem Finger eine seiner langen Haarsträhnen zurück.
"Das traust du dich ja gar nicht mehr." In ihren Worten schwang kein Vorwurf mit, eher ein amüsiertes Sticheln. Armand zuckte entschuldigend mit den Schultern und tippte vorsichtig auf ihren prallen Bauch.
"Ich will dem Zwerg hier nicht schaden." erklärte er wohl zum tausendsten Mal. Während er sich wieder aufrichtete, strich er noch einmal über ihren Bauch, dann zog er Anya noch einmal fest in seine Arme.
"Was mir gut tut, kann dem Kind nicht schaden." erwiderte Anya wie immer auf seine Vorsicht, doch Armand schmunzelte nur, während sein Blick prüfend den Nachthimmel musterte.
"Es wird Zeit, einen Unterschlupf zu finden. Der Tag bricht bald an." erklärte er. Sie hatten schon seit Monaten Marseille verlassen und mit Hilfe von Maurice und Jocelyn in der Nähe von Lyon ein verlassenes Kloster bezogen. Es lag abgelegen und gut verborgen in einem Waldstück und nur selten verirrten sich Wanderer dorthin, die dann aber nur Interesse an der Kapelle fanden und sich dann wieder verzogen.
Nachdem der Winter nun überstanden war, beschlossen Armand und Anya, noch einmal nach Marseille zurückzukehren. Allzu weit war die Reise nicht und Miriam würde in den kommenden Tagen ihren Geburtstag feiern. Wahrscheinlich war jetzt die beste Gelegenheit für eine Reise, bevor Anya zu dicht vor dem Geburtstermin stand und Armand solche Anstrengungen nicht mehr erlauben würde. Dabei fühlte sich Anya unterwegs besser denn je. Die Bewegung tat ihr gut, sie freute sich auf ein Wiedersehen mit ihren Freunden und genoss es sehr, endlich einmal wieder komplett alleine mit Armand zu sein während der Reise.
Ein erneuter Tritt des Kindes riss Anya aus den Gedanken und sie seufzte kurz auf, was ihr sofort wieder einen prüfenden Blick von Armand bescherte. Lächelnd legte sie die Hand auf ihren Bauch.
"Wie hieß dein Vater?" fragte sie spontan. Armand runzelte die Stirn und musste kurz überlegen.
"Marcel. Warum?" Dann hellte sich verstehend seine Miene auf und er schüttelte sofort den Kopf.
"Er wird auf keinen Fall Marcel heißen! Außerdem wird es ein Mädchen!" erklärte er überzeugt. Anya musste lachen.
"Und wenn es ein Junge wird, bist du enttäuscht?" Armand legte den Arm um ihre Schultern.
"Nein. Aber es wird ein Mädchen." grinste er.

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