Dienstag, 31. Januar 2012

Kein Anspruch

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Die Sachbearbeiterin des Amtes studierte sehr eingehend die Bewerbungsmappe. Bislang war die gefürchtete Frage noch nicht aufgekommen. James hatte Glück. Jetzt nach der Mittagspause war nicht viel los und er hatte kaum 20 Minuten warten müssen, bis jemand Zeit für ihn hatte. Nun saß er der jungen Frau mit der Brille gegenüber und fühlte sich sichtlich unwohl. Tracy Higgins, wie das Schild auf ihrem Schreibtisch verriet, allerdings beachtete ihn kaum. Außerdem war sie es gewohnt, dass die Leute, die ihr gegenüber saßen nervös waren. Wer bei ihr saß hatte gerade seinen Job verloren. Das war niemals eine angenehme Situation.

James brachte die Schweigsamkeit fast um den Verstand. Hier in dem Großraumbüro war es zwar ständig laut. Überall klingelten Telefone und waren Fetzen anderer Gespräche zu hören. Doch die einzige Person von der er etwas hören wollte, sagte nichts. Immer nervöser tippte er mit dem Finger auf seinem Oberschenkel und packte dann schließlich zu um nicht noch unsicherer zu erscheinen, als er es tatsächlich war. Endlich klappte Tracy die Mappe zu. "Tut mir leid, aber sie haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.", meinte sie erstmal knapp. Das Lächeln in ihrem Mundwinkel entging James allerdings.

"Was soll das heißen?", polterte er sofort los. "Dass sie keinen Anspruch auf Unterstützung haben.", wiederholte Tracy vollkommen gelassen. Sie hatte den Ausbruch provoziert und amüsierte sich immer wieder köstlich darüber. Mit der Zeit hatte sie sämtliche Skrupel abgelegt. Die Arbeit im Amt war trist genug, da konnte man sich wenigstens Abwechslung gönnen. "Ich arbeite seit über 20 Jahren, wie kann es da sein, dass ich keine Unterstützung bekomme?", fauchte James sofort weiter. Doch das beeindruckte nicht im Mindesten. "Zum Beispiel ist die Bescheinigung ihres ehemaligen Arbeitgebers noch nicht da, dass man sie gekündigt hat. Die wäre aber Voraussetzung für eine Zahlung. Wenn sie selbst den Job geschmissen haben, bekommen sie nichts.", erklärte sie vollkommen ruhig.

"Warum sollte ich Ihnen sagen, dass ich gekündigt wurde, wenn es andersrum wäre?", meinte James etwas leiser. Er hatte keine Ahnung, was in dieser Bescheinigung drinstehen würde. Wenn darin stand, weshalb er geflogen war, würde er vermutlich ohnehin nichts bekommen. "Aber ich brauche Geld um meine Rechnungen zu bezahlen.", kam es nun kläglich von ihm. Wieder bohrte sich der Gedanke an die fiese Niederlage vor Bernstein in seinem Kopf fest. Er musste Kräfte sammeln, aber dann würde er ihn fertig machen. Doch jetzt hieß es erstmal, dafür zu sorgen, dass das normale Leben weitergehen konnte.

"Egal was in der Bescheinigung steht. Sie werden keine Arbeitslosenunterstützung erhalten!", betonte Tracy nochmal sehr deutlich und wartete die Reaktion ab. "Was soll das heißen?", platzte Joe nun sofort, "Ich habe ein Recht auf die Unterstützung!" Tracy zuckte die Schultern. "Wenn sie dieser Meinung sind, empfehle ich die eingehende Lektüre ihres Arbeitsvertrages. Sie sind vor geraumer Zeit von der Stadtverwaltung Seattle zur Vorgängerfirma ihres bisherigen Arbeitgebers gewechselt. Diese Übernahme war an eine Rückkehrklausel gekoppelt. Sie können jederzeit wieder bei der Verwaltung einen Job bekommen. Darauf haben Sie Anspruch. Und wer ein Arbeitsverhältnis in Aussicht hat, bekommt keine Unterstützung."

James hatte Tracys Erklärung gelauscht und war erst in sich zusammengesackt und richtete sich nun wieder auf. Wenn das wirklich stimmte, war er gerettet. Er riss ihr fast die Mappe aus der Hand. "Absatz 14 ihres Arbeitsvertrages. Ist sogar vom damaligen Bürgermeister im Vertrag abgezeichnet.", erklärte sie nochmal. James starrte auf das Blatt und hatte den Mund offen stehen.

2 Kommentare:

  1. Das passt mir ja jetzt gar nicht! Was ist das denn für eine scheiss Klausel? Bestimmt gibt es aber auch noch einen Absatz, der nicht den alten Arbeitsplatz zusichert. Vielleicht kann er noch Akten sortieren oder die Straßen fegen. Bitte bitte....

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  2. Och nöö, diese Klausel ist aber doof *motz*
    Wir wollen James leiden sehen und nicht, dass er sich weiter ein ruhiges Leben in seinem alten Büro macht und sein normales Geld bekommt. Kann es nicht noch eine Klausel geben in der dann steht, dass diese Rückkehrklausel bei Kündigung erlischt?

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