Montag, 29. August 2011

Noctambule II: Erste Erfolge

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Lechaivre stand nie früh auf. Es war meistens schon später Vormittag, wenn er nach einem guten Frühstück federnden Schrittes in sein Büro ging. Bereits am Vortag hatte er viel in die Wege geleitet.
Den Namen George Squire hatte er unter seinen Leuten verteilt und sie beauftragt, nach ihm zu suchen. Nachdem er sich von Miriam die Personenbeschreibung hatte geben lassen, war diese an seine Männer weitergegeben worden mit dem Befehl, den Mann zu finden, zu verhaften und sein Haus oder seine Wohnung zu durchsuchen.

Die erste Meldung war ein Fehlschlag. Der Name tauchte in keinem Kirchenbuch auf und war auch dem Richter nicht bekannt. Ein unbeschriebenes Blatt also, was nichts bedeuten mochte. Es konnte ein Verbrecher sein, der sich hier im Untergrund aufhielt und natürlich seinen wahren Namen nicht preisgab oder aber Miriam hatte Unfug erzählt. Lechaivre neigte zu Letzterem, schließlich hatte sie unter Schock gestanden und in ihrer naiven Jugend würde sie vieles glauben, was Erwachsene eher skeptisch betrachteten.
Immerhin hatte Madame in ihrem kurzen Schreiben an ihn ja mitgeteilt, dass Miriam nicht einmal wusste, wo sie die beiden Tage nach dem Brand gewesen sei. Auch ein Tribut an den Schockzustand, aber extrem ärgerlich. Er nahm sich vor, in der nächsten Zeit noch einmal zu versuchen, irgendwelche hilfreichen Details aus Miriam zu quetschen. Irgendetwas musste sie noch wissen, und wenn es nur eine schiefe Laterne in Marseille war, er würde sie finden und damit hoffentlich auch diesen Verbrecher Sartous.

Er hoffte natürlich heute auf bessere Meldungen. Außerdem hatte er sofort einen Antrag auf Vormundschaft für Miriam gestellt. Er kannte den Familienrichter sehr gut, man besuchte die gleichen Gesellschaften und Lechaivre hatte ihm schon mehrfach hervorragende Weine und den besten Sherry geschickt, den es gab. Zumindest, was den Preis betraf. Er war sehr optimistisch, dass der Richter seinen Antrag wohlwollend betrachten würde und hatte sich bereits bei der Bank von Marseille angemeldet, um Einsicht in die Finanzen zu bekommen und den Einblick in die Stadtbücher beantragt, um den Grundbesitz des Comtes zu erforschen.
Innerlich rieb er sich die Hände. Ein Mündel war natürlich mit einer Menge Papierkram verbunden, doch die Vorteile auf lange Sicht waren enorm. Die kleine, brave Miriam würde er mit Leichtigkeit soweit beeinflussen können, dass ihre Dankbarkeit bald keine Grenzen mehr hatte und noch vor ihrem 21. Geburtstag musste er sie davon überzeugen, dass eine Heirat sie aus einem heiligen Schlamassel würde retten können.
Natürlich war eine Ehe mit ihm damit gemeint und er leckte sich jetzt schon über die Lippen. Sie wäre ein leckerer Happen und war weitaus hübscher als jene Cousine, deren Hand er sich bisher warmgehalten hatte.


Sein Büro im Rathaus der Stadt lag im ersten Stockwerk. Leider hatte er nur den Ausblick auf eine Nebenstraße, aber irgendwann würde er schon noch die besonders schönen Räume der Front beziehen. Er stand ja erst am Anfang seiner Karriere und er besaß Ehrgeiz.
Sein Schreibtisch war sauber aufgeräumt. Er hasste Unordnung, obwohl ein leerer Schreibtisch fehlende Arbeit suggerierte. Daher hatte er grundsätzlich, wenn er in seinem Büro war, einige Akten vor sich liegen, mindestens eine davon aufgeklappt und vermittelte so den Eindruck des emsigen Sachverständigen.
Was sein Büro betraf, so tobten in ihm die Widersprüche. Der Herzog hatte kein Büro besessen in diesem Rathaus, auf das die Stadt so stolz war. Der feine Herr hatte sein Büro in seinem Hause gehabt und man ging zu ihm, um Bericht zu erstatten. Der ganze Betrieb der Garde war über das Haus des Herzogs gelaufen. So war das Leben. Der hohe Adel hatte es nicht nötig, zur Arbeit zu gehen. Die Arbeit kam zu ihm.
Andererseits platzte er beinahe vor Stolz, hier im Rathaus sesshaft geworden zu sein. Niemand in seiner bürgerlichen Familie hatte es so weit gebracht! Aber er würde noch weiter kommen, das hatte er sich fest vorgenommen. Wenn er nun auch noch die Möglichkeit hatte, sich in den Adel einzuheiraten, war seine Karriere so gut wie besiegelt.
Er hatte gerade Platz genommen, als es an seiner Tür klopfte und ein junger Soldat eintrat, der sofort grüßend die Hacken zusammen schlug und seine rechte Hand schneidig an die linke Schläfe legte. Lechaivre musterte ihn mit anerkennendem Nicken und winkte ihn zu sich.
"Gibt es Neuigkeiten?" fragte er sofort. Der junge Sergent näherte sich mit strammen Schritten und blieb steif vor dem Schreibtisch stehen.
"Der Gesuchte wurde erkannt, Monsieur. Unsere Untersuchung ergab, dass gestern zwei Nu.. äh.. zwei Frauen im Hafenviertel einen Mann gesehen haben wollen, auf den die Beschreibung passt. Sie behaupten, dass er sich dort herumtreibe. Wo er wohnt, konnte leider nicht festgestellt werden, aber wir arbeiten daran." Lechaivre schnurrte zufrieden. Er sah dem jungen Sergent den Stolz über die schnellen Fortschritte an und lächelte.
"Sehr gut! Ich bin sicher, ich werde heute noch erfahren, dass sein Unterschlupf entdeckt und der Mann verhaftet wurde. Ich bin zufrieden, Sergent!" lobte er. So musste das sein! Er würde unter Umständen eine Belohnung in Aussicht stellen, beschloss er. Aber nicht gleich. Erst wollte er sicher sein, dass er einen Verdächtigen gefangen hatte und dass dieser geständig war. Mit einem Nicken entließ er seinen Soldaten und strich sich lächelnd über das Kinn. Der Tag begann vielversprechend und seine Glückssträhne wollte nicht abbrechen.

1 Kommentar:

  1. Ui? Man hat George erkannt? Sicherlich sind die Stadtwachen keine echten Gegner für ihn. Dennoch sind sie vermutlich in der Lage erheblich Ärger zu intiieren. Und das Versteck damit wertlos zu machen. Ich kann nur hoffen, dass Anya von dieser Entwicklung profitiert.

    Das ist eine soweit erfreuliche Entwicklung. Auch wenn es mich ein wenig ärgert, dass der eitle Fatzke soviel "Erfolg" hat. Aber ich bin mir sicher, beizeiten wird sich schon ein Adliger den Ruhm unter den Nagel reissen.

    Auf geht's Lechaivre - Befrei du mal schön die Anya und wenn du sie hast, dann tu das RICHTIGE, dann lässt Armand dich vielleicht in Ruhe.

    Liebe Grüße
    Joe

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