Freitag, 8. August 2014

Aufrecht und selbstbewusst

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

"Vielleicht hat die Kirche ja eine Rolle gespielt, die dir gar nicht klar ist.", gab Lelya zu bedenken. Nadja knuddelte Ayleen an sich. Hunger konnte sie eigentlich nicht haben und auch die Windel war noch frisch. Vielleicht bettelte sie einfach um Aufmerksamkeit und die bekam sie gerade, was sie wieder fröhlich glucken ließ. "Nein Mama!", sagte Nadja fest, "Vielleicht hat ein Gott dabei eine Rolle gespielt und mich mit meinem jetzigen Leben, einem wundervollen Verlobten und einer süßen gesunden Tochter für die Schwierigkeiten entschädigt, in die ich mich ja irgendwie selbst gebracht habe.

Aber was ich gesagt habe ist, dass die Kirche dabei keine Rolle gespielt hat. Und dabei bleibe ich! Kein Pfarrer war für mich da, als Papa mich mit Ivan verheiraten wollte. Im Gegenteil: Papa hätte mich genau vor diesen Pfarrer geschleift, der mich, ohne mit der Wimper zu zucken, mit diesen Stinktier verheiratet hätte. Auch nachdem ich weggelaufen war stand kein Priester sondern ein Arzt und Freundinnen und Leidensgenossinnen bereit um auch meine Seele wieder auf die Beine zu stellen und mich wieder aufzumuntern. Kein Kirchenmann hat mich dort weggeholt, wo ich nie wieder sein möchte, sondern ein Freund von Joe im weitesten Sinne.
Es mag sein, dass es einen Gott gibt. Tatsächlich habe ich schon oft darüber nachgedacht, ob es ihn gibt und wenn ich mir überlege, wie ich für mein Schicksal entschädigt wurde, fällt es mir gar nicht schwer an göttliche Fügung zu glauben, jedenfalls was mein eigenes Leben angeht. Aber verwechsle Gott nicht mit Kirche. Die Kirche hat nichts für mich getan!"

Lelya starrte ihre Tochter mit offenem Mund an. Ein Schauer huschte über ihren Körper. Bis heute wusste sie nicht im Detail, was in dem Jahr passiert war, in dem Nadja von zu Hause weggelaufen war und auf welchem Weg genau sie Joe kennengelernt hatte. Ihre schlimmsten Befürchtungen hatten gerade noch einmal einen Schub bekommen. Doch ihr fiel für den Augenblick einfach nichts ein, was sie auf die Rede ihrer Tochter erwidern konnte. "Vielleicht hast du recht.", sagte sie etwas geknickt. Dann hatte sie eine kurze Eingebung: "Aber wenn du der Kirche keine Chance gibst...", fing sie an, doch Nadja winkte ab.

"Die Kirche hatte ihre Chance meine Heirat mit Ivan zu verhindern. Sie hat sie ungenutzt verstreichen lassen. Das im speziellen verdirbt mir jede Lust einem Pfarrer gegenüber zu treten um meine jetzige Heirat von ihm segnen zu lassen. Schließlich weiß ich genau, was dieser Segen wert ist, wenn er auch für Zwangsheiraten erteilt wird." Lelya nickte langsam. Sie spürte etwas Wut über die Trotzigkeit ihrer Tochter in sich aufsteigen. Doch mehr noch mischte sich stolz dazu. Sie hatte immer gewollt, dass ihre Kinder aufrechte selbstbewusste Menschen werden. Und auch wenn ihr nicht recht schmeckte, was Nadja gerade von sich gab, so könnte sie doch kaum noch aufrechter und selbstbewusster sein.

2 Kommentare:

  1. Klarer geht es nicht und wieder einmal kommt die Vergangenheit Nadjas ans Tageslicht. Nadja muss nicht ins Detail gehen, um Leyla klar zu machen, was passiert ist. Und wieder funktioniert der Verdrängungsprozess der Mutter, weil die Wahrheit einfach viel zu schrecklich ist. Welche Mutter will das tatsächlich zulassen, auch im Nachhinein? Ich habe Verständnis für Lelya aber noch viel mehr für Nadja.

    AntwortenLöschen
  2. Vorallem sieht man das nadjas erlebnisse ihre sicht auf verschiedene dinge geändert hat. leyla kann wirklch stolz sein. nadja bildet sich unabhängig von bezugspersonen eine eigene meinung.
    LG Lars

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.