Mittwoch, 28. November 2012

Noctambule III: Die Nachricht

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Armands Schritte wurden länger und er löste sich von Anya, die nun immer langsamer wurde und schließlich ängstlich stehen blieb. Was, wenn man ihn nun nach Florenz rief? Würde sie mit ihm gehen dürfen? Würde sie alleine zurückbleiben müssen und weitere Wochen auf eine Antwort warten? Würde sie denn jemals eine Antwort erhalten?

 Sie sah, wie Armand etwas von der Tür abriss und betrachtete. Sie hielt den Atem an und presste Raoul an sich, der unbehaglich zu quengeln begann. Doch Armand kam nicht zu ihr, sondern umrundete die Mühle und verschwand auf der Rückseite, wo die Wiese steil zum Ufer herunter führte.
Anya blieb stehen und wartete. Bewusst atmete sie tief ein und aus, Raoul geistesabwesend streichelnd, damit er sich wieder beruhigte. Ihre Augen ruhten auf dem Punkt, wo Armand verschwunden war und wieder auftauchen musste. Die Minuten schienen zu Stunden zu werden, ehe sie ihn langsam wieder zurückkommen sah. Hatte er einige Minuten für sich alleine gebraucht? War die Nachricht so schlimm gewesen?
Armand kam langsam auf sie zu, das Gesicht zu einer ernsten Maske erstarrt. In seiner Hand hielt er zwei Zettel, die er schweigend Anya reichte. Sie nahm sie entgegen, ohne ihren Blick von seinen Augen zu lösen, doch fand sie keine Antwort darin. Sie würde es lesen müssen.
Der erste Zettel musste an der Tür gehangen haben. Er war auf den Nagel gespießt worden, der Armands Nachricht gehalten hatte. "Du hast Nachricht am Ufer." stand dort. Es musste also der zweite Brief sein, der die eigentliche Nachricht enthielt. Kurz dachte Anya über den Unsinn der Nachricht nach. Ein Fremder, der neugierig genug wäre, würde natürlich ebenfalls am Ufer suchen wie Armand es getan hatte. Dadurch war die Botschaft nicht besser versteckt als direkt an die Tür genagelt. Doch die Neugier siegte, denn immerhin hatte der Richtige den Brief erhalten.
Ängstlich sah sie noch einmal zu Armand auf, dann las sie:
"Armand Sartous! Alessio hat sich gut erholt. Der Rat sprach dich frei und widerrief die Entscheidung Fabrizios. Ihr seid keine Nefandii. Der Rat verlangt die Einhaltung unserer Vereinbarungen. Lebt lang und in Frieden. Enrico."
Anyas Knie wurden weich und sie schwankte so sehr, dass Armand erschrocken nach ihr griff und sie stützte. Bebend lehnte sie sich an ihn, Raoul fast zwischen sich und Armands Brust einquetschend. Doch er rührte sich nicht, sondern erduldete still die ungewohnte Situation. Aus Anyas Kehle kam ein tiefes Stöhnen, das von einem Schluchzer erstickt wurde, der sich nicht mehr zurückhalten ließ. Armand schlang seine Arme um sie.
"Pssst, meine Kleine. Es ist alles gut." murmelte er beruhigend, schloss jedoch dankbar die Augen. Er war froh, dass Anya nicht sehen konnte, wie groß seine Erleichterung war. Ihr schwaches Nicken war an seiner Brust zu spüren und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen.
Endlich durfte er sein neues Glück vollkommen genießen. Er würde seine Familie irgendwo hin führen, wo sie in aller Ruhe leben durften. Zum ersten Mal in seinem langen Leben spürte Armand tiefen Frieden in sich und er presste die Augen fest zusammen, um die Tränen der Freude zurückzuhalten.
An seiner Brust spürte er die Wärme seines Sohnes und seine sachten Bewegungen. In seinen Armen fühlte er den zierlichen Körper der einzigen Frau auf der ganzen Welt, die er mit jeder Faser seines Körpers begehrte und liebte. Langsam öffnete er die Augen und blickte in den klaren Nachthimmel, der sich über die Provence erstreckte. Die ganze Welt stand ihnen offen, ihm und seiner kleinen Familie. Doch gab es in diesem einen Augenblick einen anderen Punkt, an dem er lieber gewesen wäre. Egal, wo das Schicksal sie hinführen würde. Diesen Augenblick konnte er niemals wieder vergessen. Langsam schloss Armand seine schwarzen Augen und drückte einen zärtlichen Kuss auf Anyas blonden Schopf.
"Ich liebe dich, meine Kleine."
Der Satz tat nicht weh und fiel ihm auch nicht schwer. Das Weinen, das Anyas Körper plötzlich schüttelte, erschreckte ihn nicht. Ihm war klar, wie lange sie auf diese Worte still gewartet hatte. Sie hatte es verdient, diese Worte endlich zu hören. Sie würde sie noch viel öfter hören in der langen Zukunft, die sich gerade vor ihnen geöffnet hatte. Armand senkte den Kopf weiter und presste sein Gesicht in ihre Haare.
"Ich liebe dich." Es tat immer noch nicht weh. Aber in seinem Körper löste sich eine Blockade, deren Existenz er bis eben abgestritten hätte. Er fühlte sich leicht und frei.

1 Kommentar:

  1. Uiuiuiuiui...

    und ich möchte hinzufügen.. uiuiui..

    Der Senat hat seine Daseinsberechtigung bewiesen. Er hat vernünftiger gehandelt als die Anführer, die mit ihrer Macht etwas überfordert waren.

    Vielleicht wusste er aber auch zuviel über Raoul? Da wartet sicher noch etwas auf uns.

    Und nun ist Armand also frei. Seit er Anya zu sich geholt hat, hatte er recht konsequent viel Stress und Unbill in seinem Leben.
    Auch vorher war George es, der immer wieder an ihn herankam.

    Doch nun ist George tot. Die Sanghieri werden ihm nicht mehr in die Quere kommen, so er ihnen auch nichts tut und von Yanis Plänen ahnt er noch nichts.

    Recht, dass er sich frei fühlt. Und Recht, dass er endlich ausspricht, was er für Anya fühlt. Er hat seine Zuneigung schon oft bekundet. Auf vielfältige Weisen und nun gesteht er endlich seine Gefühle für sie. Das ist einzigartg und das ist sehr gut für beide.
    Sie werden viel gute Zeit vor sich haben.

    Liebe Grüße
    Joe

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