Freitag, 19. Oktober 2012

Noctambule III: Willst du?

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Mit ruhigen Händen hielt Sergej die Tropfen und den Löffel fest, während er versuchte, mehr als acht Tropfen aus der Flasche zu schütteln, doch es sammelte sich nicht einmal mehr ein halber Tropfen an der Öffnung. Seufzend gab er es auf, schob eine Hand stützend unter Miriams Kopf und flößte ihr liebevoll die Flüssigkeit ein. Sie schloss die Augen erleichtert und ließ den Kopf zurück sinken, um sich allmählich wieder zu entspannen.


Stumm blieb Sergej an ihrem Bett sitzen und wartete, bis die Tropfen ihre Wirkung entfalteten. Das Fenster war geöffnet und der frische Nachtwind schob hin und wieder eine kühle Erfrischung in den Raum. Sanft griff Sergej nach einem Tuch und trocknete die verschwitzte Stirn Miriams. Das Fieber kam und ging nach einem willkürlichen Muster und erschreckte Sergej mit den häufigen Ausbrüchen, in denen ihre Stirn glühte und die Schweißausbrüche gar nicht mehr aufhören wollten.
Doch nun, nachdem die Tropfen endlich wirkten, wurde sie wieder ruhiger und sie öffnete die fiebrig glänzenden Augen. Ein schwaches Lächeln huschte über ihr ausgezehrtes Gesicht, als sie Sergej neben sich erkannte.
"Du bist da." murmelte sie schwach. Sergej streichelte ihre Wange und erwiderte das Lächeln.
"Ich bin immer da. Auch wenn du mich nicht siehst." meinte er leise. Miriam lächelte wieder schwach. Hastig griff Sergej nach dem Becher Wasser und führte ihn an ihre Lippen. Sie trank wie immer beinahe gierig und keuchte erleichtert, als der brennende Durst gelöscht war.
"Der Arzt will meine Beine abschneiden." Sergej zuckte zusammen. Zum einen hatte er gehofft, dass Miriam das Gespräch nicht mit verfolgt hatte, von dem Armand ihm sofort berichtet hatte. Zum anderen konnte er Miriams lallende, schwache Aussprache kaum ertragen. Sanft legte er seine Hand an ihre Schulter und streichelte sie dort.
"Niemand wird deine Beine abschneiden, meine Süße. Niemand!" erklärte er fest, doch er war über das trübe Licht der flackernden Kerze dankbar, das nicht erkennen ließ, wie heftig er kämpfte, um seine Fassung nicht zu verlieren. Miriam seufzte schwer.
"Sterbe ich dann?" Sergej stand abrupt auf und beugte sich über sie, um ihr direkt in das Gesicht sehen zu können.
"Du wirst nicht sterben, Liebling. Das werde ich nicht zulassen. Verstehst du? Du wirst gesund werden!" erklärte er nun mit Bestimmtheit. Miriam hatte die Augen kurz geschlossen, doch seine feste Stimme ließ sie hoffnungsvoll aufblicken und leicht lächeln. Doch dann zogen erneute Schatten über ihr Gesicht und sie wirkte abgehärmter denn je.
"Aber ich bin entstellt und hässlich." Ein trockener Schluchzer kam aus ihrer Kehle und wieder schloss sie die Augen, diesmal in dem verbissenen Wunsch, keine Bestätigung in seinem Blick sehen zu müssen.
Sergej zögerte einige Sekunden, um seine eigenen, überquellenden Gefühle wieder im Griff zu haben. Er spürte eine Mischung aus Zorn, Verzweiflung und Liebe und ihm blieb beinahe die Luft weg bei ihrem Kummer.
Sanft legte er beide Hände um ihr Gesicht und drehte ihren Kopf so, dass sie ihn ansehen musste. Prompt öffnete sie die Augen wieder, wenn auch zögernd und mit glasigem Blick.
"Miriam, mein Schatz. Für mich bist du niemals hässlich und entstellt! Bitte glaub mir das!" seine Stimme war leise, aber unendlich eindringlich. In dieser Nähe nahm er den Geruch ihres Blutes wahr und schämte sich für den Instinkt, zurück zu weichen. Infektion und Fieber hatten das Blut verdickt, das Herz pumpte mühsam, um genug Sauerstoff zu transportieren und die Hitze des Fiebers unterstütze zusätzlich den Dunst von tödlicher Nahrung für Sergej. Trotz allem sah er tief in ihre Augen und blieb mit seinem Gesicht dicht vor ihrem.
"Ich werde dir ein wunderschönes Kleid besorgen, Miriam. Und übermorgen Nacht werden wir heiraten. Willst du mich heiraten, Miriam? Willst du?"

1 Kommentar:

  1. Na ich hoffe, dass er weiß, was er da sagt.

    Er will sie also heiraten? Wie versprochen? Sehr schön. Aber warum bis übermorgen warten?

    Weil dazwischen noch eine Verwandlung vonstatten gehen muss? Ein eilfertiger Priester sollte sich doch auch in kürzerer Zeit auftreiben lassen?

    Ach das dauert alles viel zu lang :)

    Beeil dich mal, Sergej.

    LG
    Joe

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