Montag, 29. Oktober 2012

Noctambule III: Improvisation

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Anya verfolgte die Zeremonie mit gespannter Aufmerksamkeit. Ihr entging nicht, dass der kleine Mönch wild improvisierte, kreuz und quer aus der Bibel zitierte und beinahe in den Lobeshymnen auf die Liebe den Faden verlor. Immer wieder flog ihr Blick verliebt zu Armand, der sie offenbar nicht eine Sekunde aus den Augen ließ und jedes Mal sofort ihr Lächeln erwiderte.


Doch schließlich fand die Predigt ein Ende und Anselm winkte Armand und Anya als Trauzeugen zu sich. Anya legte Raoul in Jocelyns Arme und stellte sich neben Miriam, Armand wählte seinen Platz neben Sergej und grinste ihm kurz zu.
"Sergej Komarov, ich frage dich: bist du heute hier erschienen, um nach reiflicher Überlegung und freiem Entschluss den Bund mit deiner Braut Miriam einzugehen?" Sergej drehte den Kopf zu Miriam und sah in ihre Augen während er antwortete.
"Ja."
"Wirst du deine Frau lieben und ehren, zu ihr stehen in guten und in schlechten Zeiten und ihr die Treue halten bis an das Ende ihres Lebens?"
"Ja. Und darüber hinaus." Noch immer sah sich das Brautpaar unverwandt an. Anselm nahm das Papier mit der Zustimmung des Oheims zu Hilfe, um Miriam korrekt ansprechen zu können.
"Miriam Annabelle Nadine Elisabeth Comtesse de Moureaux, ich frage dich: bist du heute hier erschienen, um nach reiflicher Überlegung und freiem Entschluss den Bund mit deinem Bräutigam Sergej einzugehen?" Miriams Augen glitzerten feucht, als sie nickte.
"Ja!" hauchte sie.
"Wirst du deinen Mann lieben und ehren, zu ihm stehen in guten und in schlechten Zeiten und ihm die Treue halten bis an das Ende seines Lebens?"
"Ja!"
"Nun, so frage ich Euch Beide: Seid ihr bereit, die Kinder, die Gott euch schenken will, anzunehmen und im Sinne der Kirche zu erziehen, sowie als Eheleute Mitverantwortung für die Gesellschaft und die Kirche zu übernehmen?"
"Ja!" Beide antworteten gleichzeitig, Miriam voller Überzeugung, Sergej nur, um Miriam die Freude an der Zeremonie nicht zu nehmen, denn auch er hatte lange den Glauben an jede Religion verloren. Dennoch geriet die Zeremonie nun ins Stocken, denn der kleine Mönch blickte etwas ratlos.
"Ähm.. gibt es Ringe?" fragte er in die Runde. Armand griff in seine Jackentasche, öffnete eine kleine Schatulle und reichte sie dem Priester. Sergej zwinkerte Miriam zu und beugte sich ein wenig zu ihr.
"Die gibt es schon seit Wochen." flüsterte er und lächelte glücklich auf, als er ihr kurzes Aufstrahlen bemerkte. Anselm tauchte seine Finger in das Becken mit Weihwasser und begann mit einem Gebet die Ringe zu segnen. Dann überreichte er Sergej die Ringe mit einem fragenden Blick, denn soviel er verstanden hatte, konnte die Braut nur unter Schmerzen die Finger bewegen. Es wusste nicht, wie der Ringtausch vonstatten gehen sollte.
"So schließt nun den heiligen Bund der Ehe mit euren Vermählungsworten und steckt euch die Ringe an.. oder wie auch immer…" meinte er und faltete abwartend die Hände. Sergej erhob sich, ging vor Miriam und kniete vor ihr nieder. Während er zu sprechen begann, starrte Miriam auf die schlichten Ringe aus glatt poliertem Gold und ihre Lippen begannen zu beben.
"Miriam, Licht meines Lebens. Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau. Ich verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens. Bald wirst du diesen Ring an deinen gesunden Händen tragen als Zeichen meiner ewigen Liebe und Treue." Sergej hatte langsam und eindringlich gesprochen und die Worte frei nach seiner eigenen Meinung abgewandelt.
An Miriams kurzem Aufschluchzen erkannte er, dass seine Worte sie trotz des Laudanums erreicht hatten und hob nun den kleineren Ring an seine Lippen, um einen Kuss darauf zu hauchen. Dann legte er den Ring einfach auf ihrem Handrücken ab, um nun ihren Part zu übernehmen, zu dem sie nicht imstande war.
"Ich kenne deine Worte und möchte nur ein Nicken als Zustimmung, nachdem ich sie gesprochen habe. Kannst du das?" fragte er sanft. Miriams Kopf zeigte ein kurzes, abgehacktes Nicken während sie mit weit geöffneten, feucht schimmernden Augen in sein Gesicht blickte.

1 Kommentar:

  1. Uiuiui...

    Eine wirklich gefühlvolle Eheschließung. Auch wenn man Anselm ja darauf hingewiesen hatte, dass es hier nur um eine schnelle Eheschließung ging, so konnte er nicht umhin doch noch ein wenig auszuholen und eine richtige Zeremonie daraus zu machen.

    An der Stelle frage ich mich übrigens auch, wie es wohl ist, wenn man das Christentum oder überhaupt die Religion mit dem Blickwinkel von 500 Jahren betrachtet. Wenn wir heute zurückschauen wollen, bleiben schon für die Zeit vor der Neuzeit nur noch arg einseitige und recht spärilche Quellen über. Wie muss es sein, wenn man das alles live kennt? :D


    Nun aber sind sie verheiratet. Die Sanghieri haben nicht gestört und sind wohl auch noch nicht in der Nähe, sond hätte man hier wohl zur Eile gedrängt.

    Nun kann Sergej seine Braut an einen geschützten Platz tragen und ihr endlich die Schmerzen nehmen, natürlich nachdem sie vorher die Schmerzen der Vrewandlung durchmachen musste. Doch ich denke, dass sie die nach den vergangenen Tagen wohlgut überstehen wird. :)

    Fragt sich nur, wie die Sanghieri dann reagieren, wenn sie Miriam wahrnehmen. Sie wird doch vermutlich nicht dem selben Umstand wie Anya zum Opfer fallen?

    LG
    Joe

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