Freitag, 14. September 2012

Noctambule III: Gottes Prüfung

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Abbé Jean Partise hatte sich bereits zur Nacht fertig gemacht und sein letztes Gebet für diesen Tag im Nachthemd vor dem kleinen Kreuz in seinem Zimmer beendet. Wohlig seufzend kletterte er nun in sein Bett, befeuchtete zwei Finger und drückte mit ihnen die Flamme der Kerze auf seinem Nachttisch aus. Er war müde und freute sich auf den erholsamen Schlaf.


Meistens konnte er nicht gleich einschlafen und in dieser Zeit galten seine Gedanken den Menschen in seiner Gemeinde und ihren Problemen. Oft fiel ihm dabei eine Lösung ein oder eine Möglichkeit zu helfen. Doch in dieser Nacht kreisten seine Gedanken immer wieder ratlos um den jungen Yanis. Er konnte sich nicht helfen, das Gefühl des aufkommenden Irrsinns bei dem Jungen wollte nicht weichen. Jean verstand dies nur zu gut. Es bedurfte eines starken Charakters und der Hilfe Gottes, um solche grauenhaften Erlebnisse zu verkraften, die Yanis hatte durchmachen müssen.
Das energische Klopfen an seiner Tür riss ihn erschrocken aus seinen Gedanken. Hastig richtete er sich wieder auf und suchte mit nackten Füßen in der Dunkelheit nach seinen alten Hausschuhen. Man weckte ihn sehr selten mitten in der Nacht. Da es sich meistens um Sterbefälle und die Bitte um die letzte Ölung handelte, überlegte er sofort, wer denn dem Tode so nah sein konnte. Bis er beunruhigt die Kerze wieder angezündet hatte und zur Tür schlurfen konnte, war ihm noch immer niemand eingefallen.
"Ich bin ja schon da!" murrte er, als es erneut herrisch klopfte. Die Tür wurde jeden Abend mehrfach verriegelt, was den Abbé nun Zeit kostete, doch schließlich zog er die Tür auf und hielt die Kerze vor sich, um zu erkennen, wer dort stand. Als erstes sah er die fremde Frau mit dem Kind im Arm. Um den Mann zu sehen, musste er die Kerze anheben, so groß war er. Verschlafen blinzelnd öffnete Jean die Tür weiter.
"Ja?" fragte er irritiert. Ihm war deutlich anzusehen, dass er seinen ersten eigenen Eindrücken von den späten Besuchern nicht trauen wollte.
"Wir benötigen Eure Hilfe, Vater." Der Abbé blinzelte beim Klang der berauschend samtenen Stimme des Manns. Unwillkürlich nickte er und trat einen Schritt zurück, um die Tür nun ganz zu öffnen. Schließlich hatte er mit dem Ersuch um Hilfe bereits gerechnet.
"Kommt erst einmal herein! Es ist kalt und das Kind braucht Wärme." meinte er, schlurfte jedoch schon zurück in die Küche.
"Ich mache euch erst einmal einen schönen Kräutertee." rief er über die Schulter, da er sicher war, dass sie ihm folgen würden.
"Nicht nötig, danke sehr. Macht Euch keine Mühe." Jean schaute überrascht über die Schulter zurück. Weder hatte er Schritte gehört noch damit gerechnet, dass seine Gäste so dicht hinter ihm waren. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. 'Ich werde wirklich langsam alt', dachte er sich und setzte dennoch den Topf mit Wasser wieder auf die Feuerstelle. Als er sich umdrehte, sah er, wie der Fremde einen der beiden Stühle in der Küche für die kleine Frau zurückzog und ihr den Platz anbot. Das Lächeln, das sie ihm schenkte, erwärmte sein Herz sofort. Doch nur eine Sekunde später glaubte er, das heftige Trommeln seines Herzens fast schmerzhaft zu spüren.
Beide Besucher waren von einer nahezu göttlichen Schönheit. Doch nicht nur die beiden, auch das Kind hatten eine unnatürliche Blässe, die auf gar keinen Fall durch Puder hervorgerufen wurde, das erkannte der Abbé sofort. In seinen Ohren setzte ein Rauschen ein. Zu oft besuchte ihn der Anblick eines ebenso blassen Gesichtes in seinen Träumen. Er war die Erinnerungen an damals nie los geworden und hatte sich schließlich an seine Alpträume gewöhnt.
Doch hatte Gott seine Gebete wohl doch nicht erhört und verschonte ihn nicht davon, noch einmal in die Fratze eines Dämons zu sehen. Damals hatte dieses Monster seine ganze Familie getötet. Bis heute war er davon überzeugt gewesen, dass Gott ihn geschützt hatte, um ihn in seine Dienste aufzunehmen. Aber warum wurde er nun erneut mit diesen Dienern Satans geprüft?
Keinem der Beiden entging die Veränderung im Gesicht des Priesters und sofort wurden beide wachsam und lauernd. Der Abbé wich entsetzt zurück bis die Wand ihn bremste und streckte anklagend den Finger Richtung Anya.
"Ich erkenne Euch! Du.. Weib Satans! Du hast den Bäcker getötet und die alte Bernadette an den Rand des Wahnsinns gebracht!" flüsterte er. Der große Mann senkte den Kopf zur Frau herunter und wirkte erstaunt.
"Seit wann nennt man mich Satan?" erkundigte er sich. Sie schaute mit dem Blick eines unschuldigen Mädchens zu ihm auf und zuckte ahnungslos mit den Schultern. In Jean wuchs das Grauen, da keiner von ihnen auch nur den Ansatz von Reue zu zeigen schien. Seine Hand tastete zu dem Kreuz, das über ihm an der Wand hing. Als die Finger das einfache Holz fühlten, riss er es herunter und presste es an seine Brust.

1 Kommentar:

  1. Einmal mehr wurden die Vampire enttarnt!

    Wie einfach kann es jetzt noch werden ihm Informationen zu entlocken?

    Und was bedeutet es, dass er schon einmal eine Begegnung mit einem Vampir hatte? Mit wem war denn das? Armand treibt sich ja nun schon eine Weile herum? Sollte er es gewesen sein, dem der arme über den Weg gelaufen ist?

    Nun sucht er Zuflucht und Schutz bei seinem Kreuz. Doch er wird wohl feststellen müssen, dass dies die Vampire nicht nennenswert aufhält.
    Es sei denn er spitzt es an und macht einen Pflock daraus :)

    Ich glaube aber nicht, dass Armand vorhat, den kleinen Priester tot zurückzulassen.

    Aber ich bin mal gespannt. Ob sie Yanis Namen und sein Haus aus ihm herausbekommen?

    LG
    Joe

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