Freitag, 13. Juli 2012

Noctambule III: Vier Feinde

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Armand erwachte kurz vor Sonnenuntergang mit vorsichtigen Bewegungen. Erleichtert stellte er fest, dass die Heilung gute Fortschritte machte. Die Wunde hatte sich zumindest äußerlich bereits geschlossen und – das war das wichtigste – die verletzten Organe fast komplett regeneriert. Er konnte spüren, wie Muskelstränge und Sehnen sich allmählich stärken, doch die alte Kraft war noch nicht wieder zurückgekehrt. Solch tiefe Verletzungen schwächten enorm, auch wenn Armand gerade gejagt hätte. Doch war jetzt die dritte Nacht ohne Jagd und Nahrung wäre jetzt wichtig.


Als er die Augen öffnete, blickte er in das beunruhigte Gesicht seines Freundes und musste lächeln.
"Danke. Es geht mir besser." murmelte er kaum hörbar. Sergej schenkte ihm ein erleichtertes Grinsen und entspannte sich sichtbar.
"Ich kann absolut nichts von denen da drüben hören. Sie sind nicht aufgetaucht bisher." erklärte er knapp die Situation. Armand nickte und blinzelte durch das Gestrüpp hinaus.
"Sie haben sich verschlossen wie wir. Kann es sein, dass sie tagsüber verschwunden sind?" Sergej schüttelte sofort energisch den Kopf.
"Unvorstellbar. Die Sonne schien den ganzen Tag."
Beide Freunde warteten noch über eine Stunde, bevor sie sich aufrichteten und es wagten, das Gestrüpp zu verlassen. Auch da blieben sie noch in Deckung, denn beide waren sicher, dass die Sanghieri sich noch in der Nähe aufhielten, auch wenn sie sich abgeschottet hatten und nicht aufzuspüren waren.
Armand bewegte sich langsam und vorsichtig, doch hätte nichts auf dieser Welt ihn noch länger untätig gelassen. Sergejs helfende Hand übersah er mit einem Brummen.
"Ich hatte schon schlimmere Verletzungen." knurrte er seinen besorgten Freund unwirsch an, woraufhin dieser schulterzuckend zu diesem Thema schwieg.
"Was jetzt? In den Wald gehen und die Frauen suchen? Oder direkt zum Landgut aufbrechen?" fragte er stattdessen. Armand hob nachdenklich den Blick in den Nachhimmel. Sein Gesicht war angespannt und kantig geworden vor Sorge.
"Ich will Fabrizio haben. Wenn die Mädels es geschafft haben, werden sie nach Osten aufbrechen und sind in Sicherheit. Wenn nicht.. dann will ich es wissen, und das erfahre ich nur von diesem Schweinekerl." murmelte er schließlich entschieden. Sergej seufzte innerlich, doch konnte er sich dem Argument seines Freundes nicht verschließen. Endgültige Sicherheit würden sie nur haben, wenn sie die Sanghieri verfolgen und stellen würden. Natürlich hätten sie ebenfalls nach Osten ziehen können. Doch was, wenn ihre Frauen niemals dort auftauchen würden? Wie lange sollten sie dann dort warten? Zudem wäre es fraglich, ob sich dann noch einmal die Chance böte, nur gegen vier Sanghieri zu kämpfen, um diese immense Wut loszuwerden, die ihn fast zerfraß.
"Ich bin immer noch verblüfft über den Verräter unter ihnen. Mit etwas Glück stellt er sich bei einer Konfrontation auf unsere Seite." meinte er leise. Armand zuckte mit den Schultern, verzog aber sofort reuevoll das Gesicht.
"Darauf würde ich nicht wetten. Für mich sind es vier Feinde." entschied er schlicht. Sein Gesicht hatte sich aufmerksam zum Wald gedreht als könne er dort die Spur wittern. "Ich müsste jagen. Aber das würde zuviel Zeit kosten. Also muss es ohne gehen." raunte er und setzte sich lautlos in Bewegung. Sergej folgte ihm stumm. Seine Sinne waren auf das Höchste angespannt und lauschten auf das kleinste Geräusch, das nicht in die nächtlichen Laute der Natur passen könnte.
"Sie sind nicht hier. Wir stehen offen und sichtbar hier, sie hätten uns längst angreifen können." meinte Sergej nachdenklich. Armand nickte knapp. Sein Blick wanderte zu der Ruine, wo deutlich sichtbar Bretter und Steine zu einem provisorischen Dach zusammengebaut worden waren. Er senkte den Kopf leicht und zog die Brauen unwirsch zusammen, als er spürte, dass es ihn Anstrengung kostete, seinen Körper anzuspannen.

Sergej wusste sofort, was Armand beabsichtigte und tastete nach dem langen Dolch, den er Enrico abgenommen hatte. Beide Freunde näherten sich lautlos dem Unterschlupf, immer wieder innehaltend und lauschend. Doch war kein Laut zu hören. Schließlich schoss Armand nach vorne und trat so kraftvoll gegen die Bretter, dass sie polternd auseinander krachten. Das Innere des Raumes war leer.
Armand sah auf die Treppe, die in den Keller führte und betrachtete die Fußspuren, die deutlich sichtbar durch die Asche nach unten führten.
Sergej hob den Blick zu seinem Freund. Sorge und Zorn stand in seinem Gesicht geschrieben. Die Sanghieri hatten den Tag offensichtlich dazu genutzt, den unterirdischen Gang freizulegen und zu betreten. Sie hatten enormen Vorsprung. Und wenn sie die Frauen nicht schon in der letzten Nacht gefunden hatten, so war nun die Gefahr greifbar, dass sie sie in dieser Nacht finden würden.

1 Kommentar:

  1. So viel Vorsprung können die Sanghieri doch noch gar nicht haben. Auch sie hatten den Großteil mit Schlafe und erholen verbracht. Was auch bei ihnen bitter nötig war.

    Aber Fabrizio scheint weiter völlig von Hass zerfressen zu sein. Also macht er jetzt Jagd auf die Mädchen.

    Das ist schon wieder ein grundlegender Fehler. Er ignoriert die Möglichkeit, dass Armand und Sergej ihm folgen könnten, wiewohl er vorige Nacht noch davon ausegangen war, dass sie in der Nähe wären.

    Jetzt scheint er völlig zu ignorieren, dass er bei dieser Aktion mit Verfolgung zu rechnen hat. Und ein Hinterhalt ist immer problematisch.

    Das er jedenfalls einen Hinterhalt plant, traue ich ihm nicht zu.

    Hier könnte sich schließlich der Verrat zum Zünglein an der Waage entwickeln. Und auch die Tatsache, dass Anya ja wieder mehr oder weniger vollständig auf dem Damm ist, dürfte er nicht auf der Rechnung haben.

    Liebe Grüße
    Je

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