Sonntag, 15. Juli 2012

Kann ich Ihnen helfen?

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Mykola wachte auf, als sein Arm begann zu kribbeln. Schlagartig hob er den Kopf. Den Trick, den Arm herunterhängen zu lassen, hatte er schon früher benutzt. Gelernt hatte er es beim Militär, wo man auf einen Fall länger einschlafen durfte, auch wennman noch so hundemüde war. Seitdem hatte er es geradezu perfektioniert. Ließ er seinen Arm herunterhängen, schlief er exakt 20 Minuten lang. Dann weckte ihn sein eingeschlafener Arm und er war schlagartig wieder wach.

Mehr als einen Wimpernschlag brauchte er nicht, um sich zu orientieren. Wie automatisch ruckte seine Hand am Riemen der Tasche und er vergewisserte sich somit, dass sie noch da war und auch noch in etwa das richtige Gewicht hatte. Dann schaute er aus dem Fenster und zu seinem Glück fuhr der Zug geradewegs in eine Haltestelle ein. Im Vorbeiflug entzifferte er das Schild und suchte dann auf dem Plan, welchen er von Alexander bekommen hatte, die entsprechende Haltestelle heraus. Er hatte es perfekt abgepasst. Noch drei weitere Haltestellen trennten ihn vom Ziel.

An der Königsstraße stieg Mykola aus und erkannte in der Ferne bereits den Bahnhof wieder, von dem er vor einigen Stunden aufgebrochen war. "Den Umweg hätte ich mir sparen können.", brummte er in sich hinein. Doch dann erinnerte er sich daran, dass er dann Alexander wohl nicht getroffen hätte und diese Begegnung war den Umweg zweifellos wert. Auch nicht zuletzt, weil es eben durchaus sein konnte, dass es noch ein paar Tage dauerte, bis ein Schiff für ihn dabei war. Da war die Gewissheit, jemanden anrufen zu können, der einem ein Dach über den Kopf und ein paar Tage Arbeit bieten konnte, schon eine sehr gute.

Der kleine Stadtplan auf der Rückseite des S-Bahn-Plans führte Mykola zu der Adresse, welche die Empfangsdame der Hafenverwaltung ihm aufgeschrieben hatte. Die Hafenverwaltung lag in einem langgezogenen Verwaltungsgebäude. Ein Schild am Eingang verkündet den offiziellen Zweck dieser Einrichtung. Doch hier gab es niemand im Foyer der einen empfing. Nur eine schnöde Stechuhr schnmückte die Wand vor den Aufzügen. Zwischen den beiden Aufzugtüren befand sich eine Hinweistafel, in welchem Stock man welche Abteilung finden würde. Doch das half Mykola nicht weier. All die Fachbegriffe, tauchten in seinem begrenzten deutschen Sprachschatz nicht auf.

Seufzend sah er sich um. Er hatte sich all das so leicht vorgestellt, einfach auf ein Schiff zu steigen und nach Amerika zu fahren. Nun irrte er bereits fast einen ganzen Tag durch Hamburg und hatte noch nicht einmal jemanden gefunden, der ihm sagen konnte, wann überhaupt ein Schiff abfuhr. Einmal mehr wünschte er sich nach Vladivostok. In seiner Vorstellung lief es dort genau so einfach, wie er es sich für hier gewünscht hatte. Unschlüssig blieb er im Foyer stehen und sah sich um. Dann öffnete sich hinter ihm die Aufzugtür. "Kann ich Ihnen helfen?", fragte eine mürrische Männerstimme.

1 Kommentar:

  1. Ohje, eine mürrische Stimme! Das bedeutet, der Typ ist lustlos und unmotiviert. Schlimmstenfalls auch noch ausländerfeindlich! Für Mykola sicher nicht das, was er jetzt brauchen kann.
    Der Trick mit dem Arm ist prima. Werde ich auch mal ausprobieren :D

    Tja, jetzt kommt es darauf an. Der schlecht gelaunte Heini wird wohl kaum bereit sein, russisch zu sprechen, wenn er das überhaupt kann.
    Außerdem wird er hoffentlich nicht zum Arbeitsamt geschickt, die ja auch Seeleute vermitteln. Denn dort wird er nichts werden und außerdem haben die nur vormittags geöffnet. Wenn Mykola Pech hat, gerät er jetzt an einen ganz korrekten Kerl, der sich nicht die Mühe macht, auch eine menschliche Seite zu finden.
    Und trotzdem gönne ich Mykola diese Hürden. Der hat bei mir einfach verschissen :) Dafür hat er viel zu viele unverzeihliche Fehler gemacht!

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