Freitag, 13. Juli 2012

Hier sind Sie völlig verkehrt

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Mykola stieg aus dem Kombi. Das Gebäude der Hafenverwaltung war ein Zweckbau, der schon ein paar Jahre auf den Buckel hatte. Aber alles war fein sauber gehalten. "Und das ist die Verwaltung?", hakte Mykola bei Alexander nach. "Das ist der Sitz der Firma, welcher der größte Teil des Hafens gehört. Wenn man irgendwo zentral erfahren kann, welche Schiffe, wann wohin fahren, dann hier.", nickte er aus dem Wagenfenster zu. Mykola schulterte seine Reisetasche. "Danke für alles, Alexander."

Alexander reichte noch einen Zettel mit einer Nummer aus dem Fenster. "Ich muss zurück zur Arbeit. Aber falls du hier nicht weiterkommst, kannst du mich anrufen. Vielleicht musst du ja auch ein paar Tage warten, bis ein Schiff für dich dabei ist. In der Zeit könntest du mir im Lager helfen. Uns fehlt im Moment der dritte Mann. Es soll dein Schaden nicht sein." Ungläubig starrte Alexander seinen Gönner an. "Dein Ernst? Ich könnte noch ein paar Euro verdienen." "Ich kann nicht viel bezahlen. Aber du kannst in der Halle schlafen und alles ist besser, als sich für die Zeit eine Bleibe suchen zu müssen und die zu bezahlen." Mykola nickte eifrig. "Ich werde mich melden, wenn ich etwas herausgefunden habe."

Mutig betrat er das Geäude und stieß im Eingangsbereich direkt auf einen Empfangstresen. "Guten Tag.", begrüßte ihn eine ältliche Sekretärin, welche dahinter saß. Kritisch schaute sie ihn über ihre Lesebrille hinweg an. "Guten Tag.", quetschte Mykola mühevoll hervor. "Ein Schiff nach Amerika?", versuchte er es weiter. Die Sekretärin legte den Kopf schief. "Sie möchten auf einem Schiff nach Amerika anheuern?", antwortet sie in perfektem Russisch. Mykolas augen leuchteten auf. "Genau, gnädige Frau." Russisch lag ihm deutlich besser als Deutsch. Aber er mochte Deutschland schon jetzt. Hier im Hafen sprach man scheinbar überall so mit ihm, dass er es verstand.

"Da sind sie hier aber völlig verkehrt.", erklärte die Dame weiter, "Wir verwalten hier nur den Hafen. Die Liegeplätze, die Kräne und so weiter. Mit der Personalbestückung der Schiffe haben wir nichts zu tun." Mykola machte ein enttäuschtes Gesicht. "Wissen Sie, wo ich hingehen muss um anzuheuern." Die Sekretärin schenkte ihm ein verträumtes Lächeln. Dieser Mann musste aus einer Zeit stammen, als es noch Gang und Gäbe war im Hafen einfach aufs nächste Schiff zu springen und alles hinter sich zu lassen. "Das ist nicht mehr so einfach wie früher. Es gibt nicht mehr so viel Personal auf Schiffen. Und das meiste ist für lange Zeiten fest unter Vertrag."

"Ich komme so nicht nach Amerika?", fragte Mykola traurig und sah seine Chancen schon schwinden. Schon Alexander hatte ihm ja wenig Hoffnung gemacht. Doch diese Frau zerstörte gerade die letzten Träume. "Es gibt schon noch eine Möglichkeit. Das Hafenamt vermittelt manchmal Seeleute. Zumindest ist man beim Amt für das Personal zuständig. Die machen auch die Einreiseformalitäten für diejenigen die hier ankmmen. Dort könnten Sie es probieren. Vielleicht haben Sie ja Glück?" "Wie komme ich da hin?", hakte Mykola nach und strahlte die Frau nun wieder an. "Das ist im Norden vom Hafen. Mehr oder weniger in der Innenstadt." Mykola konnte ein Augenrollen nicht verhindern. Das war genau wo er herkam.

1 Kommentar:

  1. Wie kommt Mykola nun wieder zurück? Ob er U-Bahn und S-Bahn kennen lernt? Dann fährt er zwar ein gutes Stück und der HVV ist teuer, aber er käme ans Ziel. Und es ist besser als Laufen.
    Nun hat er bei dieser Dame ja noch Glück gehabt, weil sie Russisch konnte. Ob er solches Glück auch beim Hafenamt hat? Er könnte es mal im Seemannsheim versuchen. Da übernachten die ganzen Seeleute, die nur für eine oder zwei Nächte im Hafen sind.
    Tja, da liegen doch noch ein paar nette Steinchen auf dem Weg. Das finde ich gut! Nur habe ich irgendwie das Gefühl, dass er es schaffen könnte, aus Deutschland rauszukommen. Im Moment zumindest befindet er sich ziemlich illegal hier. Irgendwie hat er ja die europäische Grenze, Zoll- und Passkontrolle verpennt. *seufz*

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