Sonntag, 17. Juni 2012

Noctambule III: So oder so...

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Armand war in einen erschöpften Ruhezustand gefallen und hatte die Augen teilnahmslos geschlossen. Ihn schien es nicht zu interessieren, dass nicht nur hinter ihm die Scheune lichterloh brannte, sondern nun auch noch das Dach des Bauernhauses zu brennen begonnen hatte. Sergej allerdings beobachtete mit zusammengepressten Zähnen das Haus und den Funkenflug. Er vermutete, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis auch die Wände anfangen würden zu brennen.


Um das Haus machte er sich wenig Sorgen, denn außer seinen Kleidern war dort nichts mehr, was für ihn wichtig gewesen wäre. Allerdings befürchtete er noch immer, dass der Erdstall irgendwo verschüttet sein könnte und die Frauen eingesperrt wären, wenn die Ruine über dem Keller zusammenbrechen würde. Immerhin würde hoffentlich das Weinregal dort unten verhindern, dass Rauch in die Gänge dringen und die Frauen ersticken könnte.
Seine Hoffnung, dass Fabrizio mit seinen beiden Männern in den Flammen umkommen könnte, starb als er drei Männer hustend aus dem Haus stolpern sah. Der Hof mit dem Brunnen war recht großzügig angelegt, sodass weder er noch Armand unmittelbar in Gefahr waren. Doch die Hitze war fast unerträglich.
Sergejs Hoffnung lag auf dem Unwetter, das sich nun mit Macht ins Inland schob und bereits den Nachthimmel verdeckte. Zwischen dem lauten Krachen und Knacken der Brände war das Donnergrollen deutlich zu hören. Ab und zu leuchtete der Himmel von einigen entfernten Blitzen auf. Sergej glaubte weder an Gott noch an den Teufel, doch nun betete er trotzdem, dass der Regen endlich einsetzen würde.

Fabrizio suchte hastig Abstand zum Haus, klopfte seine Kleidung halbwegs sauber und näherte sich mit wenigen Schritten den beiden Männern am Brunnen. Seine Haare waren voll Asche und das Gesicht von Ruß verschmiert. Ihm war seine Wut anzusehen, Wut darüber, wegen des brennenden Feuers nicht genug Zeit gehabt zu haben, den freigelegten Gang weit genug zu durchsuchen. Verbissen hatte er Enrico wieder zurückgerufen, als die Rauchentwicklung und Hitze sogar im Keller zu stark wurde.
Mit funkelnden Augen blickte er nun auf Armand, ohne Sergej mit dem kleinsten Seitenblick zu beachten. Als er begriff, dass Armand gar nicht bemerkt hatte, wer vor ihm stand, trat er gegen seine Füße.
Armand verzog schmerzlich das Gesicht und es schien ihn Mühe zu kosten, die Augen zu öffnen. Träge hob er seinen Blick zu Fabrizio und erwiderte dessen Blick ohne weitere Regung.
"Wohin führt der unterirdische Gang?" verlangte Fabrizio zu wissen. In Sergej breitete sich ein schmerzhaftes Ziehen aus. Sie hatten den Zugang entdeckt, verdammt! Sein Blick flog zu Armand, doch der reagierte überhaupt nicht. Erneut trat Fabrizio gegen Armands Beine und löste damit noch einmal heftige Schmerzen in Armands verletztem Rücken aus.
"Ich weiß es nicht." antwortete Armand nun ohne Fabrizios Blick auszuweichen. Er beachtete auch nicht die beiden anderen, die nun rechts und links von Fabrizio auftauchten. Fabrizio stieß ein wütendes Fauchen aus. Blitzschnell packte er das Seil, dessen Ende um Armands Hals geschlungen war und zog es an. Armand verzog stöhnend das Gesicht und versuchte sich zu strecken. Die Hitze des Feuers hatte Schweißperlen auf seine Stirn getrieben und selbst am Hals glänzte die Haut feucht.
"Halt mich nicht zum Narren, Sartous! Wo sind die Frauen?" zischte Fabrizio dicht vor Armands verzerrtem Gesicht. Sergej hielt es nicht mehr aus und mischte sich ein.
"Lass ihn in Ruhe! Er weiß es wirklich nicht!" Wie erhofft ließ Fabrizio das Seil los und aus den Augenwinkeln bemerkte Sergej die Erleichterung bei seinem Freund und das heftige Keuchen, mit dem er nach Luft rang. Fabrizio drehte den Kopf und betrachtete Sergej mit zornigem Blick.
"Warum sollte ich das glauben?" fragte er drohend.
"Keiner von uns weiß es. Wir sind nie drin gewesen." erklärte Sergej nun. Fabrizio schnaubte und wandte sich wieder Armand zu.
"Du wirst sowieso sterben. Aber du kannst beeinflussen, wie schmerzhaft. Sag mir, was ich wissen will und es geht schneller." versprach er fast liebevoll. Armand rang sich ein gequältes Lächeln ab.
"Würde ich vielleicht sogar, aber ich weiß es wirklich nicht." keuchte er und blinzelte, denn der Schweiß rann ihm nun brennend in die Augen. Fabrizio holte aus und drosch seine Faust in Armands Bauch. Zufrieden sah er zu, wie Armand die Beine im Reflex anzog und gequält aufschrie, denn der Schmerz fraß sich durch seinen ganzen Körper. Nun räusperte sich Enrico unbehaglich.
"Lass doch die Weiber! Wir haben ihn, das ist doch das Wichtigste." meinte er versöhnlich. Doch er erntete nur ein wütendes Fauchen von seinem Freund und einen verständnislosen Blick von Carlo.
"Damit seine Hure dieses Balg auf die Welt bringt?" fauchte sein Anführer. Enrico schwieg und betrachtete Armand, der die Lippen fest aufeinander presste. Fabrizios Hand packte Armands Kinn und zwang ihn in seine Augen zu sehen. Armand wich dem Blick nicht aus, im Gegenteil, der Anflug eines Lächelns glitt über sein Gesicht. Minutenlang starrte Fabrizio in die schwarzen Augen, dann stieß er den Kopf heftig zurück an die Mauer und richtete sich wütend auf. Armand unterdrückte einen weiteren Schmerzlaut und setzte ein mühsames Grinsen auf.
"Du bist mehrere hundert Jahre jünger als ich, Fabrizio. Glaubst du wirklich, schon so gut wie dein Vater zu sein und mich lesen zu können?" stieß er hervor. Sergej presste die Lippen aufeinander und fluchte innerlich, weil Armand seinen Gegner bewusst reizen zu wollen schien. Was bezweckte er damit? Wollte er Fabrizio aufhalten oder von den Frauen ablenken? Offenbar hatte er es auf jeden Fall geschafft, ihn zu reizen, denn er handelte sich einen neuen Tritt ein.
"Der Alte ist tot! ICH bin das Oberhaupt der Familie!" fauchte er. Armand lachte lautlos und schüttelte den Kopf.
"Ich gehöre nicht zu deiner Familie und du hast dir meinen Respekt nicht verdient! Ich muss gar nichts tun." antwortete er ruhig. Fabrizio streckte sich und blickte arrogant zu seinem Gefangenen hinunter.
"Du hast meine Schwester getötet. Diese Schlampe hat meinen Vater respektlos behandelt und ihr seid in mein Haus eingebrochen. Ich habe dich und deine Freunde zu Nefandii erklärt. Jeder darf dich und deinen Freund hier töten." Carlos hob hoffnungsvoll den Kopf, doch sein Anführer beachtete ihn nicht.
"Daher solltest du dir genau überlegen, wie du dich benimmst. Nur ich kann das Urteil auch wieder aufheben!" erklärte er mit kalter Stimme. Armand zuckte kurz mit den Schultern, bereute das aber offensichtlich sofort.
"Du wirst mich so oder so töten, Fabrizio. Du solltest es tun, denn sonst werde ich dich töten." Die ruhigen Worte machten Fabrizio kurz sprachlos, dann lachte er ironisch auf. Erneut holte er aus und diesmal traf sein Fuß so hart, dass Armand dumpf stöhnte.
"Genieß deine letzten Stunden, du Ratte. Denk darüber nach, was wir mit euren Schlampen machen, wenn wir sie finden und freu dich auf die Sonne!" zischte Fabrizio. Er beobachtete, wie Carlos noch einmal die Festigkeit der Fesseln prüfte, doch seine Ungeduld wuchs mit jeder Sekunde. Seine herrische Kopfbewegung galt Enrico und Carlos während er sich umdrehte und sich anschickte, den Hof zu verlassen. Doch Enrico zögerte und legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes.
"Lass mich hier. Ich bewache die Beiden. Dieser Schweinehund hat mir übel zugesetzt, ich bin nicht gut zu Fuß. Bis ihr wieder hier seid, habe ich mich erholt." meinte er leise. Fabrizio betrachtete seinen alten Freund abschätzend. Enrico hatte von Sergej tatsächlich einige derbe Treffer einstecken müssen. Langsam und zögernd nickte er schließlich. Die beiden Frauen waren leichte Beute. Er brauchte Enrico nicht dringend und so blieb immerhin eine Wache für die beiden Nefandii und seinen verletzten Mann hier. Barsch nickte er und wandte sich zum Gehen.

1 Kommentar:

  1. Divide et impera.

    Aber er teilt falsch. Er lässt seinen unzuverlässigsten Mann zurück, der darüber hinaus verletzt ist. Aber weiss er, dass Enrico unzuverlässig ist? Was wird er riskieren, wenn er alleine ist?

    Und wo geht der Rest der Mischpoke eigentlich hin? Haben sie vor, durch den Erdstall zu gehen oder wollen sie einfach die Umgebung absuchen? Und wo wird Enrico Schatten finden, wenn der Tag anbricht?

    Irgendwie erscheint mir die ganze Geschichte, die Fabrizio da betreibt, wenig ausgegoren zu sein. Wut und Hass waren schon immer ein schlechter Ratgeber. Und auf die besseren will er ja nicht hören.

    Warten wir nun ab, wie sich das entwickelt, aber ich glaube irgendwie nicht so recht, dass Armand und Sergej nun ihr Leben lassen müssen.

    LG
    Joe

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