Montag, 18. Juni 2012

Noctambule III - Rückblick: Rot, Blond, Schwarz

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Sittard 1585

Vor Jahrhunderten schon hatte der Bach sich durch das weiche, torfige Land gefressen und sein Bett tiefer und tiefer in die Erde gegraben. Vielleicht war er einst sogar ein Fluss, der nun zu versiegen drohte, denn in guten zehn Metern Tiefe plätscherte nur noch ein kleines Rinnsal. Doch sein Verlauf hatte Stufen in die Erde gebaut und an einer besonders nachgiebigen Stelle eine tiefe Einbuchtung ausgewaschen, bis er auf Fels gestoßen war. Diese Höhle lag nun weit oberhalb des Wasserspiegels und mit ein wenig Begabung im Klettern gut zu erreichen.



Für Armand und Brid war diese Höhle eine perfekte Unterkunft für den Tag. Sie war tief genug, um zwei Erwachsene bequem aufzunehmen und ihre Öffnung zeigte nach Norden, sodass weder die morgendliche noch die späte Sonne es nicht schaffen konnte, ihr schmerzhaftes Licht hineinzuwerfen. Die Beiden hatten ihre warmen Mäntel als Unterlage ausgebreitet und saßen sich nun bei Tagesanbruch gegenüber, nachdem Agnes sie verlassen hatte.
Armand hielt respektvollen Abstand zu Brid, auch wenn sie ihm mit jedem Tag besser gefiel. Aber sie war nicht der Typ Frau, der überrumpelt werden wollte. Oft genug hatte sie auf der Wanderung deutlich gemacht, dass er als Begleitung geduldet war, sich jedoch nichts weiter aus der Bekanntschaft versprechen durfte. Nun hockte sie ihm gegenüber, die Beine lässig ausgestreckt und den Kopf müde an die Felswand gelehnt. Da sie die Augen geschlossen hatte, erlaubte sich Armand, sie unverhohlen zu betrachten und ihre schlanke Gestalt zu bewundern.
"Hast du keine Sorge, dass Agnes sich von dir trennen könnte?" eröffnete Armand schließlich das Gespräch. Brid schlug verblüfft die Katzenaugen auf und musterte ihn.
"Warum sollte sie das tun?" entgegnete sie irritiert. Armand zuckte mit den Schultern.
"Sie ist jung, hübsch.. sie könnte einem jungen Mann begegnen und sich verlieben." schlug er vor. Brid betrachtete ihn, als habe er ihr eine Ungeheuerlichkeit eröffnet.
"Hast du in der vergangenen Zeit ein einziges Mal erlebt, dass sie dich angehimmelt hat?" fragte sie nach einer Weile. Armand überlegte. Er hatte durchaus den Eindruck gehabt, dass beide mit ihm geflirtet hatten. Doch wenn er mit Agnes alleine sprach, war sie jedes Mal zurückhaltend und schüchtern gewesen. Intensiv ging Armand jede Gelegenheit durch.
"Nein." gab er schließlich ungern zu. Es war tatsächlich so, dass er nach dem bissigen Hinweis von Brid selbst keinen Versuch unternommen hatte, auf Agnes Eindruck zu machen. 

Mit dem Anflug von Arroganz hatte er allerdings angenommen, dass sein Aussehen eigentlich genügen müsste, doch Agnes hatte nicht reagiert. Plötzlich störte ihn diese Tatsache. Als er aufsah, merkte er das Brid lächelte.
"Wenn sie bei DIR schon nicht anbeißt, bei wem sollte sie es dann tun?" fragte sie langsam. Armand versuchte angestrengt, seine Eitelkeit zu bekämpfen, was schwer wurde, wenn Brid sie auch noch herausforderte. Er gab es auf und breitete grinsend die Arme aus.
"Ich finde die Frage berechtigt. Allerdings hast du mir ja auch verboten, sie anzufassen." warf er ein. Brid lachte auf und schüttelte den Kopf.
"Nur, weil Agnes selbst es nicht will. Mich würde es nicht stören." meinte sie zwinkernd. Armand überlegte, was sie nun meinen könnte, beschloss aber, dass es auf Agnes' Erlebnis mit ihrem Stiefvater beruhte und sie daher einfach für eine gewisse Zeit den Abstand zu Männern brauchte. Für ihn war das nachvollziehbar. Zufrieden streckte er seine Beine aus, kippte auf die Seite und deckte sich mit einem Teil seines Mantels zu.
"Das ist gut zu wissen. Vielleicht ändert sie ihre Meinung ja noch." meinte er und gähnte herzhaft. Ohne hinzusehen wusste er, dass Brid ihn musterte. Er glaubte, ihren Stimmungsumschwung spüren zu können und drehte ihr grinsend den Rücken zu. Er hätte nun schwören können, dass sich ihre Katzenaugen in seinen langen Rücken bohrten.
"Findest du sie schön?" Armands Grinsen wurde breiter bei ihrer Frage, die regelrecht gezischt worden war.
"Hinreißend." bestätigte er murmelnd als wäre er bereits am Einschlafen. Doch Brid nahm darauf keine Rücksicht.
"Also magst du Rothaarige?" Hörte er da einen leicht aggressiven Unterton? Er öffnete die Augen und musterte den kahlen Felsen vor seinem Gesicht. Nun musste er genau überlegen, was er sagte.
"Nicht nur Rothaarige. Am liebsten mag ich blonde Frauen." Antwortete er langsam und dachte an die schwarzhaarige Marie. Adaliz mit ihren roten Haaren hatte ihn unglücklich gemacht. Ebru mit ihren schwarzen Locken war gestorben und Marie hatte er selbst getötet. Seufzend versuchte er, die Schatten der Vergangenheit zu vertreiben und konzentrierte sich auf Brid, deren Atmung etwas schneller wurde. Sie kämpfte mit sich oder gegen ihren Stolz, denn eine ganz bestimmte Frage lag auf ihren Lippen. Armand hatte Geduld. Schließlich platzte sie mit der Frage heraus.
"Dann gefallen dir meine Haare?" Armand musste sein Grinsen bekämpfen, um glaubwürdig zu bleiben und zuckte mit den Schultern.
"Deine Haare sind schön, Brid. Aber mir sind andere Dinge wichtiger als die Haarfarbe. Der Charakter ist wichtig. Der ganze Mensch unter den Haaren ist wichtig." raunte er nun und zog seinen Mantel über die Schulter. Nun schnaufte sie und veränderte ihre Haltung.
"Und wie findest du mich?" Jetzt hatte er sie. Kurz biss er sich auf die Lippe, um seine Beherrschung zu wahren.
"Du, liebe Brid, bist eine verwöhnte, verzogene, zickige kleine Katze, die ihre Krallen nicht einziehen kann." erklärte er ruhig mit heftig gespitzten Ohren.

1 Kommentar:

  1. Ach Armand :)

    Jetzt lässt du deine Enttäuschung an Bri aus. Ob das so schlau ist?

    Es geht kaum in seinen Kopf, dass eine Frau vielleicht einfach überhaupt nicht auf Männer steh. Hm? Das kommt in deinem Weltsystem einfach nicht vor. Tja - So lernst du mal wieder was.

    Und auch wenn du vermutlich recht hast, mit dem, was du über brid gesagt hast, so ist es doch keineswegs diplomatisch formuliert.

    Hoffen wir mal, dass das nicht fies ausgeht und die arme Inga, wenn sie zurückkommt, nicht zwei streitende Vampire und eine zerlegte Höhle vorfindet.

    LG
    Joe

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