Samstag, 23. Juni 2012

Noctambule III: Pass auf mein Kind auf

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

"Nicht jetzt! Nicht hier!" bettelte Miriam ängstlich und sah sich gehetzt um. Ein neuer Blitz half ihr. Für eine Sekunde erkannte sie den Felsüberstand, an dem sie vorbei gerutscht waren. Sofort wusste sie, was zu tun war. Beherzt stand sie auf und griff unter Anyas Arme.


"Hilf mir.. schieb mit den Beinen und ich ziehe dich. Da drüben sind wir geschützter." quetschte sie heraus und begann schon zu ziehen. Anya richtete sich leicht auf und half so gut sie konnte. Ächzend und keuchend schafften die Zwei es, den Felsen zu erreichen und in die winzige Höhle zu kriechen, die sich durch den Hangrutsch geöffnet hatte. Sie war an der tiefsten Stelle nicht breiter als ein normales Bett, dafür lang genug, um für die liegende Anya und die sitzende Miriam Platz zu bieten.
Kaum war Anya sicher unter dem Felsvorsprung, als sie auch schon hastig begann, an ihrer Hose zu nesteln. Miriam verstand und krabbelte zu den Füßen, um die Stiefel abzuziehen. Doch Anya hatte gerade die Hose öffnen können, als eine weitere Wehe sie stöhnen ließ. Ihr Oberkörper ruckte leicht hoch, sie stemmte sich auf die Arme und drückte den Kopf nach vorne.
Miriam wurde panisch und packte die Hose, um sie hastig herunter zu zerren, während Anya den Kopf nach hinten warf und nach Luft röchelte, als wäre sie am ersticken.
"Es kommt gleich.. ich kann es spüren!" jappste sie und fiel zurück. Miriam wurde heiß und kalt. Sie spürte kaum noch die kalten Regentropfen auf ihrem Rücken und wurde dunkelrot, als sie Anyas nackte Scham im Licht eines Blitzes erkennen konnte. Anya hob gerade rechtzeitig den Kopf, um Miriams Verlegenheit zu erkennen.
"Für deine Scham habe ich jetzt keinen Sinn, Süße." keuchte sie, einerseits amüsiert andererseits völlig verunsichert und ängstlich. Die heftige Wehe war ebenso schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Miriam biss sich auf die Lippen und nickte.
"Was kann ich denn nur tun?" fragte sie kläglich. Aber Anya konnte nicht mehr antworten. Die nächste Wehe erwischte sie so heftig, dass sie dumpf stöhnte und das Gesicht heftig verzerrte. Ihre Hand tastete suchend nach Miriams und das Mädchen erkannte, dass sie wohl nur diese Hand tröstend halten konnte. Sie schlang ihre klammen Finger um Anyas Hand und verzog das Gesicht schmerzhaft, denn Anya drückte mit aller Kraft zu, nur im nächsten Augenblick wieder loszulassen, um nicht alle Knochen in Miriams Hand zu brechen. Ihr Körper bäumte sich auf, sie warf den Kopf nach vorne und begann zu mit aller Kraft zu pressen.
Ein neuer Donner ließ den Boden erzittern und eine Windböe schob feine Regentropfen in Anyas schlammverschmiertes Gesicht. Sie zog die Beine an und stemmte sie gespreizt gegen den felsigen Boden. Doch schließlich schien sie aufzugeben und sank wieder zurück, erneut nach Miriams Hand tastend. Hastig löste Miriam ihre Finger aus der kräftigen kleinen Hand und schob ihre Tasche unter Anyas Kopf, damit sie es ein wenig bequemer hatte.
Sie erntete ein flüchtiges Lächeln von der Gebärenden, doch es beruhigte sie nicht. Die Aufregung verursachte heftiges Herzklopfen. Sie war bei einer echten Geburt dabei, würde gleich ein Baby sehen können und wusste nicht, was zu tun war. Doch Anya schien sich plötzlich zu beruhigen. Sie drehte den Kopf zu Miriam und blickte sie ernst an.
"Du musst dich davor setzen und das Baby halten, wenn es kommt." befahl sie ruhig ohne sich darum zu kümmern, dass Miriam wieder errötete. Noch während die Freundin zwischen Anyas Beine krabbelte, redete Anya weiter, den Arm quer über das Gesicht gelegt.
"Ich erinnere mich wieder. Meine Mutter bekam meine Geschwister auch zuhause." murmelte sie ruhig. Miriam lauschte angestrengt, um auch ja kein Wort zu verpassen.
"Das eben war eine Presswehe. Noch eine oder zwei davon, dann ist es soweit. Ich spüre, wie es sich nach unten schiebt. Es will raus." ein kurzes, liebevolles Lächeln glitt über Anyas Gesicht, dann schob sie den Arm weg und blickte Miriam an.
"Ich war nie selbst dabei, sondern immer eine alte, ganz hässliche Frau. Du wirst das schon machen. Pass einfach auf das Kind auf. Bitte, pass auf mein Kind auf." flüsterte sie nun. Miriam schluckte und nickte eifrig. Anyas Worte klangen schrecklich in ihren Ohren. Miriam wurde plötzlich von der Angst geschüttelt, dass Anya die Geburt nicht überleben würde.
"Wir schaffen das zusammen, ja? Du bist kerngesund, dir passiert nichts!" stieß sie hastig hervor, doch ihre Worte klangen eher bittend. Anya hob zum Reden an, doch dazu kam sie nicht mehr. Ihr Gesicht verzog sich und spannte sich an. Wieder kam sie hoch, stützte sich auf ihren Unterarmen ab und begann zu pressen. Verzweifelt versuchte Miriam in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Noch immer scheute sie sich davor, einfach zwischen Anyas Beine zu greifen, doch dann erhellte ein Blitz die Nacht und Miriam konnte für eine Sekunde ganz deutlich sehen. Jede Scham fiel von ihr ab.
"Ich sehe den Kopf!! Anya, ich sehe das Köpfchen!" quiekte sie auf und versuchte zu erkennen, was nun geschah. Anya reagierte nicht. Sie presste weiter, stöhnte und schnappte nach Luft, dann stieß sie einen gellenden Schrei aus und Miriam spürte einen winzigen Körper, der auf ihre ausgestreckten Hände glitt.

1 Kommentar:

  1. Anya ist Mama!

    Und Miriam soeben zur Hebamme befördert. Jetzt hoffe ich, die beiden bekommen es hin, irendwie die Nabelschnur zu durchtrennen. Ein Messer haben sie ja dabei. Vorher abbinden, nicht vergessen.

    Und jetzt? Die Höhle ist weder, sonderlich weit weg vom Ausgang des Erdlochs - noch wird sie wohl den ganzen Tag schatten bieten. Oder doch?

    Jedenfalls dürfte Anyas Geschrei Fabrizio auf jeden Fall angelockt haben, wenn sie shcon in hörweite waren.

    Jetzt schnell erholen und dann das Neugeborene an die Brust gewickelt und weiter weg!

    In dieser Sekunde hat Anya ja auch den Status einer schwangeren eingebüßt. Nicht, dass Fabrizio das aufhalten würde, doch es könnte schon eine Rolle spielen.

    LG
    Joe

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