Samstag, 16. Juni 2012

Noctambule III: Nicht aufgeben, Mann!

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Sergej versuchte, sich mit dem Rücken an der Wand hochzustemmen, doch seine eng zusammengebundenen Füße fanden keinen Halt am Boden sondern scharrten nur erfolglos die trockene Erde zurück.
"Schone deine Kräfte, Sergej." murmelte Armand leise während er besorgt den drei Männern mit den Blicken folgte. Sergej hörte tatsächlich auf und verrenkte sich fast den Hals, um Armand besser sehen zu können.


"Bist du verletzt?" fragte er besorgt. Zu seinem Schreck nickte Armand müde und lehnte erschöpft den Kopf an die Mauer.
"Ein Stich in den Rücken. Ich glaube, meine rechte Niere ist getroffen. Und die Schulter. Einer hat mich gebissen." murmelte er. Sergej sog scharf die Luft ein und runzelte die Stirn. Armand war schwerer verwundet, als er gehofft hatte. Während normale Kratzer fast sofort verheilten, brauchte ein verletztes Organ wesentlich länger, um sich zu regenerieren. Nun erklärte sich auch die Mattigkeit, die Armand befallen und auf Sergej wie ein Aufgeben gewirkt hatte. Die Schmerzen mussten unglaublich stark sein, doch Armands Gesicht zeigte keinerlei Anspannung.
"Du darfst jetzt nicht aufgeben, Mann! Wir kommen hier raus!" versuchte er Armand aus der Lethargie zu reißen. Aber er bewirkte nur ein müdes Lächeln und sah, dass Armand mit geschlossenen Augen leicht den Kopf schüttelte.
"Das glaube ich weniger. Du schaffst es vielleicht. Ich hoffe es. Ich wohl eher nicht." kam die leise Antwort. Sergej fiel keine vernünftige Erwiderung ein. Zornig starrte er auf das Haus und sah zu, wie tausende von kleinen, knisternden Funken auf das Dach herunter regneten und zu einer glühenden Decke auf dem alten, ausgetrockneten Dach verschmolzen.
Über ihnen zogen dichte Wolken auf und hin und wieder spürte Sergej den metallischen Geschmack eines nahenden Gewitters im Mund. Seine Hoffnung wuchs, dass es bald heftig regnen könnte und der Regen verhindern würde, dass auch dieses Haus in Flammen aufging.

Währenddessen durchsuchten die drei Sanghieri im Haus Zimmer für Zimmer. Fabrizio ließ es sich nicht nehmen, selbst einen Blick in jeden Raum zu werfen, doch weder unter den Betten noch in den Schränken oder Truhen hatte sich eine der Frauen versteckt. Grübelnd blieb er im Flur stehen und rieb sich das Kinn.
"Es kann doch sein, dass die Frauen sich genauso vermummt haben und durch eines der hinteren Fenster geflohen sind." schlug Enrico vor. Fabrizio stieß ein Knurren aus und schüttelte den Kopf.
"Kann mir nicht vorstellen, dass die eine schwangere Frau dem Tageslicht aussetzen." murrte er unzufrieden. Während Enrico mit den Schultern zuckte, genügte Carlos die Tatsache, dass sein Anführer unzufrieden war und begann erneut, das Haus zu durchsuchen. Enrico hingegen breitete ratlos die Arme aus.
"Auf jeden Fall sind sie weg." meinte er lakonisch und ließ den Blick schweifen. Fabrizio musterte ihn mit neu aufflackerndem Misstrauen. Dass Enrico keinen Versuch unternahm, so eifrig wie Carlos weiter zu suchen, passte ihm nicht. Nun sah er, wie Enricos Blick durch den Gang streifte und an etwas hängen blieb und sein Misstrauen wuchs. Er folgte dem Blick und sah die kleine Tür, die durch einen halb darüber hängenden Mantel leicht versteckt gewesen war.
Mit hastigen Schritten ging er auf die Tür zu und riss sie auf. Die kühle Luft, die ihm entgegen kam, verriet Fabrizio, dass dort unten ein größerer Keller sein musste.
"Carlos! Fackeln!" brüllte er und wartete ungeduldig, bis Carlos herbei eilte, nachdem er aus dem noch immer brennenden Kamin im Wohnzimmer drei brennende Holzscheite geholt hatte. Knapp nickend nahm er einen der brennenden Scheite und erkannte darin ein abgebrochenes Stuhlbein. Dann duckte er sich und betrat die Kellertreppe.
Der Raum war tatsächlich nicht gerade klein und im vorderen Bereich durch eingezogene Wände und Regale recht verwinkelt. Dahinter jedoch öffnete sich ein großer Raum und Fabrizio begriff, dass das gesamte Haus unterkellert sein musste.
Doch in welche Ecken die Männer ihre Fackeln auch hielten, sie fanden keine ängstlich zusammengekauerten Frauen. Fabrizio schnalzte unwillig mit der Zunge und betrachtete die vielen Regale, die an den Wänden standen.
"Die haben es sich hier aber ganz gemütlich gemacht, was? Schöne Weine liegen da." meinte Carlos, der verschiedene verstaubte Flaschen aus einem Regal zog und betrachtete. Zufrieden schnappte er sich zwei Flaschen und grinste zu Fabrizio hinüber. Doch der interessierte sich nicht für Gaumenfreuden.
"Sie waren hier im Haus, verdammt! Ich glaube einfach nicht daran, dass sie die Weiber am helllichten Tag hinausgeschickt haben!" knurrte er gedankenverloren. Carlos zuckte mit den Schultern, Enrico schwieg und blieb einfach abwartend stehen.
"Ist doch egal. Wir haben diesen Sartous! Vergiss die Huren." meinte Carlos nun und versuchte mit seinem Dolch den Korken aus einer Flasche zu holen. Enrico hob schnuppernd den Kopf und sah sich um.
"Riecht ihr das auch? Ich glaube, das Haus hat Feuer gefangen." meinte er nun unruhig. Auch Fabrizio nahm nun den Hauch des Geruchs wahr und alle Alarmglocken in seinem Kopf schrillten.
"Gehen wir." meinte er und wollte sich abwenden. Doch mitten in der wegdrehenden Bewegung stoppte er und starrte auf den Fußboden. Enrico folgte seinem Blick und entdeckte nun ebenfalls die Spuren. Frische, helle Kratzer, die von einer Ecke des schweren Regals voller Flaschen im Halbkreis weg führten.

1 Kommentar:

  1. Oh nein - Jetzt hat er tatsächlich den Erdstall gefunden.

    Wie werden sie verfahren? Ich denke, Fabrizio wird sicher sein, dass die Frauen da hinein sind. Doch sie haben Stunden um Stunden vorsprung. Und selbst wenn sich die Männer doppelt so schnell durch den Gang bewegen sollten, wie die schwangere Anya zuvor, ist es immer noch ein halber Tag, den sie vorneweg sind.

    Raus aus dem Gang übrigens, Mädels!

    Und nun mss Fabrizio seine Truppe teilen. Und ich habe so das Gefühl, dass er auch Armand noch am Leben lässt, um seine Macht weiter zu demonstrieren indem er Anya vor seinen Augen umbringt.

    Doch mit ein paar wenigen Bewachern könnten auch ein verletzter Armand und ein gesunder Sergej fertig werden, wenn sie sich etwas einfallen lassen.

    Durchhalten!

    LG
    Joe

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