Freitag, 22. Juni 2012

Noctambule III: Es ist soweit

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Der Wald lichtete sich. Dadurch prasselte der Regen sintflutartig auf die beiden Freundinnen nieder und verwandelte den Waldboden in eine rutschige Masse aus Lehm und Blättern. Beide Frauen rutschten immer wieder aus und waren inzwischen völlig mit Schlamm verschmiert.


Zusätzlich hatte der Regen sie bis auf die Haut durchnässt. Miriam fror erbärmlich und war an dem Punkt angelangt, an dem sie überhaupt nicht mehr weiter wollte. Ihr war inzwischen völlig egal, ob man sie finden würde oder nicht. Sie hatte keine Kraft mehr, ihre Angst und Trauer lähmten sie und die Tränen liefen stumm über ihr schmutziges Gesicht, wo sie sich mit dem Regenwasser vermischten und helle Bahnen durch die Schmutzschicht zogen.
Als Anya erneut stehen blieb und sich abstützen musste, lehnte sie sich einfach nur erschöpft an einen Baum und schloss die Augen. Sie fragte sich, ob das Kind überhaupt gesund auf die Welt kommen würde und wie Anya all das überhaupt aushielt. Der Regen prasselte so laut auf die Blätter, dass sie Anyas Stöhnen nur leise und unterbrochen hören konnte. Als Anya müde die Augen schloss und sich neben sie lehnte, tastete sie wieder einmal nach der Hand ihrer Freundin. Anya reagierte nur schwach.
"Sollten wir nicht besser im Wald bleiben? Ich habe Angst, da raus zu gehen. Hier fühle ich mich sicherer." meinte Miriam nervös ohne die Augen zu öffnen.
"Armand sagte, wir sollten sofort Abstand zwischen das Haus und uns bringen. Tiefer in den Wald zu gehen hätte aber bedeutet, näher zu kommen." erwiderte Anya mit brüchiger Stimme. Miriam seufzte schwer.
"Denkst du wirklich, dass die uns suchen?" Sie konnte das Zucken von Anyas Schultern spüren und biss sich auf die Lippen.
"Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir weiter müssen." Ächzend stieß sie sich vom Baum ab und tappte mit schweren Schritten um den Baum herum. Miriam öffnete die Augen und richtete sich auf, als sie Anyas Schrei hörte.
"Anya!" Mit einem Satz sprang sie um den Baum herum und verlor sofort den Halt unter den Füßen. Der schlammige Boden gab einfach nach, Miriams Füße versanken kurz in der weichen Masse, dann stürzte sie den Abhang hinunter.
Miriam war jung und gelenkig. Um nicht kopfüber nach vorne zu stürzen, ließ sie sich instinktiv zurückfallen. Ihre haltsuchenden Finger griffen in Erdbrocken und weichen Schlamm, sodass sie ungebremst abwärts rutschte. Strampelnd versuchte sie, ihre Fersen in den Boden zu hacken, um den Schwung ihres Sturzes abzumildern, doch schien sie mitsamt dem ganzen Boden zu rutschen und ihr Körper drehte sich nun auch noch seitlich. Irgendwelche Zweige kratzten durch ihr Gesicht und sie spürte Schlamm und Dreck in Mund und Nase, während sie hilflos bergab schoss.
Nur wenige Sekunden später wurde ihr Tempo rabiat abgebremst, als sie über Anyas Beinen landete. Wirklich weh getan hatte sie sich nicht, daher rappelte sie sich sofort auf alle Viere und tastete nach Anya.
"Anya! Antworte bitte! Hast du dich verletzt?" Hektisch fuhr sie an den Beinen entlang nach oben und konnte fühlen, dass Anya seitlich zu liegen schien. Endlich spürte sie die Finger ihrer Freundin und merkte erleichtert, dass Anya den Druck schwach erwiderte. Miriam rutschte auf den Knien näher heran und suchte mit der freien Hand nach dem Gesicht der Schwangeren. Das Licht eines Blitzes half ihr und kurz konnte sie das fast weiß wirkende Gesicht mit dem schmerzverzerrten Ausdruck erkennen.
"Was ist passiert! Bitte antworte!" Der Schock ließ Miriam vergessen dass sie eben noch gefroren hatte. Sie spürte auch nicht, dass der Regen an Nase und Kinn heruntertropfte.
Anya schüttelte den Kopf und stieß ein langes, tiefes Stöhnen aus. Sie löste die Finger von Miriams Hand und legte sie an die Unterseite ihres prallen Bauches.
"Das Kind kommt." jappste sie und begann zu hecheln.

1 Kommentar:

  1. Mitten in einer Schlammpfütze. Am Fuße eines Hügels am Waldrand. Dort bringt Anya ihr Kind zur Welt. Gut, dass Vampire ja scheinbar völlig immun gegen jegliche Infektionen sind.

    Jetzt kann ich nur hoffen, dass es schnell geht und sie nicht der Tag überrascht. Sie sollten wenigstens Gelegenheit haben, sich irgendwo in den Schatten zu retten. Anya wird nach dem, was nun folgen wird, vermutlich kaum noch ein paar Schritte laufen können, oder?

    Sollten die Selbstheilungskräfte der Vampire auch diese Verletzung schnell beheben können?

    Dann wäre es umso besser, wenn sie schnellstens das Kind bekäme, denn mit einem Baby im Arm lässt sich vermutlich besser laufen, als mit einem im Bauch?

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.