Donnerstag, 31. Mai 2012

Noctambule III: Pro und Contra

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Bevor Armand eine Entscheidung aussprechen konnte, erhob sich Sergej und klopfte Armand auffordernd auf die Schulter. Dann verließ er den Raum und da Armand die Aufforderung verstanden hatte, erhob auch er sich, nickte Anya tröstend lächelnd zu und folgte seinem Freund hinaus in die Küche.
Sergej erwartete ihn auf einem der harten Küchenstühle sitzend, die Beine ausgestreckt und die Arme verschränkt. Armand blieb stehen und lehnte sich an den erkalteten Herd, der seit Maurice's Abreise nicht mehr genutzt wurde.


"Warum willst du nicht mitgehen? Wir haben durch den Gang eine reelle Chance, die wir alle nutzen sollten." fragte Sergej ruhig. Armand kratzte sich am Kopf.
"Ich weiß nicht, ob das eine wirkliche Chance ist. Wenn niemand mehr hier im Haus ist, werden die sofort die gesamte Umgebung durchsuchen. Es ist schon eher wahrscheinlich, dass sie am Ausgang sind, bevor wir mühsam hindurch geklettert sind." antwortete er leise. Wenn Sergej ihn schon unter vier Augen sprechen wollte, dann sollten die Frauen auch nicht noch die Stimmen hören.
"Wir können gerade in den Gängen wesentlich besser gegen eine Übermacht bestehen als draußen." warf Sergej nachdenklich ein.
"Genau deshalb sind die Frauen darin sicherer als hier. Und was ist, wenn ein Teil am Ausgang steht und ein Teil von hier aus hineingeht?" Armands Gesicht war düster. "Das kann ich versuchen zu verhindern, indem ich so viele wie möglich erwische. Je mehr, desto besser." Sergej konnte seinem Freund das Unbehagen ansehen, mit dem er sich herumschlug. Doch er war sich auch absolut sicher, dass Armand einfach versuchte, den sichersten Weg für Anya und das Kind zu finden ohne auf sich selbst Rücksicht zu nehmen. Seufzend versuchte er noch einmal, seinen alten Gefährten zu überzeugen.
"Eines ist klar. Hier im Haus hat keiner von uns eine Chance. Aber ich sehe nicht ein, warum du dein Leben geradezu wegwirfst, wenn es nicht sein muss! Du kannst da draußen hinter dem Ausgang immer noch sterben, wenn du willst. Aber dann hast du es doch wenigstens versucht!" Armand musste kurz grinsen über die Verbissenheit seines Freundes.
"Geh du mit den Beiden und pass auf sie auf. Ich verdecke den Eingang, wenn ihr drin seid und versuche, so viele wie möglich aufzuhalten. Irgendwie finde ich eine Lösung, da heil wieder rauszukommen, aber nicht, wenn ich mich auch noch um die Sicherheit der Frauen kümmern muss." erwiderte er ruhig. Sein Blick lag fest auf Sergejs Gesicht, in dem nun deutlich zu lesen war, dass er auch die Einstellung des Freundes verstehen konnte, obwohl er nicht damit einverstanden war.
Mit einer entschlossenen Bewegung hob Sergej die Hände und schlug sie auf die Oberschenkel, um sich dann beim Aufstehen, darauf abzustützen. "Na gut. Dann ist das ja geklärt. Wir beide bleiben hier, die Mädels hauen ab. Komm, ich zeig dir den Eingang." Armand konnte ein erleichtertes Lächeln nicht ganz unterdrücken. Aber er war froh, dass sein Freund entschieden hatte, ihm hier beizustehen, obwohl das wesentlich gefährlicher war.

Der Eingang zu dem Erdstollen lag im Keller unter dem Haus hinter einem alten Weinregal, das Sergej nach seiner ersten Exkursion gar nicht wieder zurück geschoben hatte. Jetzt war er froh, dass niemand von außen hier hereingekommen war, was für ihn ein kleiner Beweis war, dass der Ausgang recht versteckt liegen musste. Sofern der Weg dahin überhaupt noch frei war.
Der Eingang war roh und nicht weiter bearbeitet. Einfach ein Loch in der gemauerten Kellerwand des Hauses, als sei der Erdstall deutlich später erst angelegt worden. Dahinter war ein schwarzes Loch zu sehen, das erst bei naher Betrachtung unter Kerzenlicht die rohe, lehmige Wand zeigte, die nur sporadisch glatt gestrichen worden war und geradeaus in ungewisse Dunkelheit führte.
Da Miriam nur Kleider im Koffer hatte, die zwar schlicht, aber für solche Abenteuer immer noch hinderlich waren, wurde sie von Sergej und Anya rigoros dazu gezwungen, sich eine von Sergejs Hosen anzuziehen. Anya half ihr dabei und ein altes Seil diente als Gürtel. Die Hosen reichten Miriam bis zu den Knöcheln, wo sie bei Sergej gerade über die Knie ging. Dennoch stand sie mit dunkelrotem Gesicht in Sergejs Zimmer und starrte an sich herunter. Das Einzige, was nun so gar nicht dazu passen wollte, waren ihre Schuhe, aber keines ihrer Schuhpaare wäre wirklich geeignet gewesen. Sie würde diese Schuhe sehr wahrscheinlich ruinieren.
"Wenn Amanda mich darin sehen würde.." hauchte sie verlegen. "Oder Maman.. oder Papa.. nicht auszudenken!" Anya stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus, denn noch immer steckte die Angst um Armand in ihr.
"Amanda würde das spannend finden. Deine Eltern inakzeptabel." erklärte sie knapp und warf Miriam eine Weste zu. "Zieh die drüber, du wirst sie brauchen." Brav gehorchte Miriam und schließlich ließ sie auch zu, ihre langen Haare in einen simplen Zopf zu binden, damit sie nicht störten. Als sie aus dem Zimmer kamen, wurde Miriam von den Männern kritisch beäugt. Armand ließ nur durch ein knappes Nicken erkennen, dass er zufrieden war, Sergej aber grinste breit und zog Miriam in seine Arme.
"Ich finde, das sieht gar nicht mal schlecht aus." erklärte er und küsste sie sanft.

1 Kommentar:

  1. Arme Miriam...

    Gerade aus dem wohlbehüteten Verhältnis des Elternhauses gerissen und bei Amanda untergekommen.. Und nun von dort geflohen in ein Leben voller Aufregung.
    Ob sie sich das hier hatte vorstellen können? Sie ist noch keine 5 Minuten Mitglied der "Bande" und schon in Lebensgefahr.

    Realisiert sie eigentlich, wo sie da hineingeraten ist? Sie ist ja schon einmal überfallen worden, aber ist ihr die Lebensgefahr auch tatsächlich bewusst? Weiß sie, wie es ist, wenn einem einer tatsächlich nach dem Leben trachtet?

    Und was mir auch gerade noch kommt: Nun sollen also Anya und Miriam allein in den Erdstall klettern und darin heurmkriechn? Was, wenn sie nun zwei Tage brauchen um den Ausgang zu finden und eventuell noch freizugraben? Was, wenn sich Anyas unersättlicher Hunger meldet? Gerade noch ist sie frishc gestärkt von Lechaivre... Aber wie lange hält das vor, angesichts der Aufregung?


    Eine Schöne Männerfreundschaft ist das übrigens. Sie gingen füreinander in den Tod ehe zu kneifen. Wobei Sergej das schon sehr rational sieht. Auch ich wäre der Meinung, die sinnvollere Lösung sei es, zu versuchen gemeinsam durchzukommen.
    Aber wenn es nun Armands Wunsch ist, das Kind um jeden Preis zu beschützen, dann bringt man ihn eh nicht davon ab.

    Viel Glück ihr zwei äh vier. äh jeweils zwei...

    Gruß
    Joe

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