Montag, 14. Mai 2012

Noctambule III: Madame wird sentimental

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Madame schien jedoch noch immer nicht so recht überzeugt zu sein, auch wenn sie in Miriams Onkel einen Mann sah, der liebend gern die Verantwortung für sein Mündel auf einen Ehemann abwälzte.

"Nun, wenn dem so ist, habt Ihr sicherlich auch bereits Hochzeitspläne geschmiedet?" sie musterte Miriam und lächelte. "Zu gerne würde ich einem Mädchen ein Brautkleid aussuchen und bei solchen Vorbereitungen dabei sein." Ihre versteckte Bitte kam bei Miriam sofort an und sie senkte betroffen den Kopf, was Madame natürlich sofort aufmerksam werden ließ. Ihr Blick wanderte mit fragendem Zweifel zu Sergej, der sich etwas aufrechter hinsetzte.


"Nun, eine Heirat im großen Stil streben wir beide nicht an, Madame." begann er vorsichtig. Er nahm die nach oben wandernde Braue der alten Dame wahr und lächelte leicht.

"Wie Ihr Euch denken könnt, ist durch die unselige Geschichte mit Lechaivre ein öffentlicher Skandal unvermeidbar. Ich bin sicher, dass sich schon heute die Mäuler zerrissen werden und durch den Prozess wird Miriam erst recht in das Licht der Öffentlichkeit geschoben. Einmal mehr, wie ich leider sagen muss, denn das Drama vor etwas mehr als einem halben Jahr ist ja noch immer nicht ganz ausgestanden." Er machte eine Pause und legte seine Hand auf die kleine Hand Miriams, um sie leicht zu drücken.
"Wäre das nicht erst Recht ein Grund, um der Gesellschaft eine lange Nase zu zeigen?" warf Madame kampfbereit ein. Der Gedanke, als Patronin der Ehe die Gesellschaft zu überraschen gefiel ihr mit jeder Minute besser. Sergej, der das bemerkte, musste ein Auflachen unterdrücken, doch seine Augen blitzten amüsiert.

"Was interessiert mich noch diese Gesellschaft, Amanda? Ich habe außer Euch niemanden mehr, der wirkliches Interesse an mir zeigt. Meine Cousinen und ich verstehen uns nicht, mein Onkel will mich ja nur unter die Haube bringen und außerdem noch mein Erbe für sich haben. Ich liebe Sergej und wenn es nach mir ginge, würde ich lieber heute als morgen einfach mit ihm davon laufen!" platzte Miriam nun heraus.
Ihren Worten folgte verblüffte Stille. Amanda starrte Miriam an, Sergej regte sich nicht, ließ aber die alte Dame keine Sekunde aus den Augen.
"Ihr wollt durchbrennen?" jappste Madame verblüfft. Miriam antwortete nicht, schob aber kämpferisch das Kinn nach vorne.
"Naja, durchbrennen kann man das wohl nicht nennen, sonst hätten wir Euch nicht ins Vertrauen gezogen, Madame. Doch wollen wir Euch gegenüber auf gar keinen Fall undankbar sein." wandte Sergej besänftigend ein. Doch nun beugte sich Madame vor und ihre Augen blitzten auf.

"Mein lieber Junge, gerade beginnt mir Euer Plan zu gefallen. Ihr müsst wissen, dass ich mich damals nicht getraut habe, einfach durchzubrennen. Aber ich fand diesen Gedanken immer extrem ausgefallen und spannend. Freiheit.. keine Zwänge dieser Gesellschaft.. oh wie gerne hätte ich dagegen aufbegehrt!" Sie lehnte sich wieder zurück, diesmal selbstgefällig lächelnd.
"Stattdessen habe ich beschlossen, eine Position anzustreben, in der ICH die Regeln der Gesellschaft aufstelle." Wieder herrschte Schweigen, doch nun war es Miriam, die ihre Gastgeberin verdutzt ansah.
Madame schweifte gedanklich in ihre Vergangenheit und schien einige Erinnerungen erneut zu durchleben. Gedankenverloren starrte sie ins Leere und schien die Anwesenheit der Beiden vergessen zu haben, die abwartend schwiegen. Hätte Sergej es darauf angelegt, hätte er sicherlich ihre Gedanken erfahren können und gewusst, dass sie gerade Vergleiche zu ihrem eigenen Leben zog und zu dem Schluss kam, dass sie nicht das Recht hatte, Entscheidungen der Beiden anzuzweifeln oder gar zu verurteilen. Sie würde sich nicht in das Leben der Zwei einmischen und da sie Miriam in ihr Herz geschlossen hatte, sie eher darin unterstützen, ihre Pläne auch umzusetzen, egal wie sie aussehen würden.

"Könnt Ihr Miriam ein unbeschwertes Leben garantieren? Seid Ihr in der Lage, diesem kleinen Schmetterling eine frohe, bunte Welt zu bieten, die sie mehr als verdient hat?" Sergej legte die rechte Hand auf sein Herz und deutete eine Verbeugung an.
"Madame, ich schwöre bei allem, was mir heilig ist: Sie wird niemals an Geldnot leiden, niemals Hungern, niemals arm und ungeliebt sein. Ich liebe sie. Ich würde sie nur auf Händen tragen, wenn sie nicht darauf bestehen würde, selbst laufen zu wollen." er sah sie ernst an. "Ich kann aber nicht versprechen, dass nicht auch bedrückende und kummervolle Zeiten auf uns zukommen werden. Niemand kennt seine Zukunft." Madame winkte ab. Sie hatte während Sergejs Antwort Miriam betrachtet.

"Das kann keiner, mein Junge. Ihr habt meinen Segen. Ich wünsche Euch alles Gute und bin ein wenig traurig, was allerdings sehr egoistisch ist. Ich habe deine Gesellschaft sehr genossen, Miriam." Das Mädchen schaute strahlend auf. Sie sprang auf und kauerte sich neben Madame auf den Boden, die beiden Hände der Grand Dame haltend und fest drückend.
"Amanda! Ich danke dir so sehr!" hauchte sie mit rosigen Wangen und strahlenden Augen. Madame Dubrés lächelte sentimental und tätschelte Miriams Wange.
"Wer durchbrennen will, muss planen. Lasst mich teilhaben! Ich habe sogar eine alte Kutsche, die ich Euch geben könnte. Wir müssen nur das Wappen entfernen!" Während in Madames Kopf nun die wildesten Pläne reiften, dachte keiner mehr an den bevorstehenden Prozess gegen Lechaivre, der mit Sicherheit zu Miriams Ungunsten ausgehen würde, wenn sie nicht mehr gegen ihn aussagen konnte.
Madame hatte nicht vorgehabt, Miriam von ihrem Besuch bei Lechaivre zu berichten und nun war dieses Thema gerade als völlig unwichtig in den Hintergrund geraten. Keiner der Drei konnte ahnen, dass es niemals einen Prozess gegen Lechaivre geben würde.

1 Kommentar:

  1. Was soll denn hier der letzte Satz? Kein Prozess gegen Lechaivre? Na dann aber hoffentlich weil sich jemand auf andere Weise der Sache angenommen hat! Also bitte...

    Und Madame hilf beim Durchbrennen? Es wird och immer kritisiert, wenn Eltern ihre eigenen Kindheitsträume auf ihren Nachwuchs projezieren. ;)

    Aber ich denk es geht schon in Ordnung, wenn Madame, Miriam zu dem Leben verhilft, dass sie selbst nicht führen konnte, nämlich mit einem Mann, den sie liebt. Und, dass die zwei sie ins Vertrauen ziehen ist ja eine hervorragende Ehrung. Es macht Madames Leben wieder aufregend und sie hat etwas woran sie sich gut erinnern kann.

    Liebe Grüße
    Joe

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