Dienstag, 8. Mai 2012

Etwas eigenes

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Nadja kam aus dem Grübeln nicht mehr heraus. Dieses Mal hatte ihr die Therapiesitzung zwar nicht so zugesetzt, wie es vorher schon der Fall gewesen war, dafür ließ es sie heute nachdenklich zurück. Die Idee der Therapeutin ging ihr immer wieder im Kopf auf und ab. War es tatsächlich so wichtig, dass sie selbst auch etwas erreichte, woran Joe keinen Anteil hatte? Die Therapeutin hatte noch mehr Ideen auf Lager gehabt. Sie hatte auch vorgeschlagen, sich einen Job zu suchen.

Doch an der Idee mit dem Stipendium war Nadja hängengeblieben. Was wäre, wenn sie es tatsächlich schaffte, ihre Hochschulausbildung selbst zu finanzieren, oder doch wenigstens einen guten Batzen dazu beizutragen. Der Gedanke war fremdartig und angenehm zu gleich. Zu Hause angekomen versuchte sie sich ein wenig mit den Hausaufgaben abzulenken. Doch kaum, dass sie die Bücher zugeschlagen hatte, waren die Gedanken wieder da und mit ihnen die Unsicherheit.

Abends beim Essen versuchte sie sich natürlich zu geben, doch Joe kannte ihre Therapietermine und spürte ihre Anspannung. "Magst du heute darüber reden?", bot er an. So hatte er es sich angewöhnt. Nicht alles, was in der Therapie besprochen wurde, war schließlich für seine Ohren bestimmt. Aber er machte regelmäßig das Angebot darüber zu sprechen, allerdings nur einmal. Mal nahm sie es an und mal nicht. Heute schien sie es anzunehmen.

"Ich würde gern etwas eigenes auf die Beine stellen.", erklärte Nadja etwas unsicher. Joe sah sie interessiert an. Die Diskussion mit der heulenden Nadja auf dem Sofa war ihm noch gut im Gedächtnis und alles, was verhinderte, dass diese absurden Gedanken je wieder aufkamen, war ihm recht. "Und an was hast du da gedacht?", fragte er so neutral wie möglich. "Ich möchte versuchen für mein College selbst aufzukommen, indem ich mich um Stipendien bewerbe."

Joa klappte unfreiwillig der Mund auf. "Wow.", war seine erste Reaktion. "Findest du das gut?", erkundigte sie sich unsicher und sah ihn fast etwas scheu an. "Das ist ein hartes Stück Arbeit. Ich habe meine Colleges und die GradSchool von meinen Eltern bezahlt bekommen und das hat es sehr leicht gemacht. Ich habe meine Kommilitonen mit ihren Stipendien nie beneidet. Man muss dafür ständig gewisse Notendurchschnitte vorweisen und sich mächtig ins Zeug legen um das nicht zu verlieren. Bist du sicher, das du das willst, nur um etwas eigenes zu haben?", fragte er vorsichtig.

Nadja schluckte deutlich. So hatte sie das noch nicht gesehen und plötzlich klang die Idee, weit weniger attraktiv. "Ich weiss es noch nicht.", gab sie dann zu. Joe seufzte ein wenig. "Du hast ja auch noch Zeit es dir zu überlegen. Aber behalte im Hinterkopf, dass das wirklich anstrengendes Studieren ist. Und vielleicht solltest du auch über Folgendes nachdenken: Es gibt für jedes Stipendium nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen. Wenn du einen davon bekommst, bekommt ihn wer anderes nicht. Und derjenige könnte jemand sein, der sich ein Studium ohne Stipendium nicht leisten kann." Wieder nickte Nadja. "Ich denke nochmal drüber nach.", versprach sie und unterdrückte ein leises Seufzen. Was in der Therapie noch wie die Lösung für ihr Problem geklungen hatte, entpuppte sich jetzt als anstrengender Ego-Trip.

2 Kommentare:

  1. Ich finde es schon mal stark, dass Joe ihre Idee nicht persönlich nimmt, sondern mit konstruktiver Kritik dazu beiträgt, alle Seiten zu betrachten.

    Klar, dass Nadja erst einmal vor Begeisterung über die Idee Pläne schmiedet und nun erstaunt auch das Kontra hört. Aber Joes Argumente sind gut. Wenn wohl auch von dem Wunsch beseelt, dass sie es so leicht wie möglich haben soll :)

    LG Kay

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  2. Wenn sie Joe heiratet und das vor dem College würde das ja mal voll sozial ungerecht sein, wenn sie das übern Stipendium macht -.-
    man muss wirklich auch mal an andere menschen denken

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