Montag, 30. April 2012

Verhandlungsbasis

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Auch Joe genoss seine Probefahrt mit dem schnellen Flitzer. Ähnlich wie Nadja, vielleicht sogar noch etwas gewagter, zog er den Wagen um Kurven und testete die Beschleunigung aus. "Den werde ich mir öfter mal leihen.", verkündete er schließlich und hielt rechts am Straßenrand. "Was ist, Mary? Möchtest du zurückfahren?", bot er an. "Ich darf doch gleich schon BMW fahren.", meinte sie bescheiden. Joe grinste. "Ach komm. Du kannst das eine tun, ohne das andere zu lassen. Auf geht's. Ich gehe nach hinten." Damit stieg er aus und räumte den Platz für Mary.

Fast etwas zögernd setzte sich Mary auf den Fahrersitz. Joe hatte den Motor laufen lasen und als ihre Hände das Lenkrad umgriffen konnt sie die Vibrationen des Motors schon spüren. Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken, dann legte sie den Gang ein und gab vorsichtig Gas. "Alter Schwede!", entfuhr es ihr, als der Wagen den ersten Satz nach vorn machte. Nadja musste lachen. "Das kenn ich. Aber man gewöhnt sich recht schnell dran." Mary blieb erheblich vorsichtiger. Quietschende Reifen gab es bei ihr in den Kurven nicht. Aber auf der Geraden konnte auch sie sich nicht zurückhalten und gab kräftig Gas.

Als sie sich wieder dem Autohaus näherten strich Joe von hinten Nadja über die Schulter. "Was nun, Süße? Möchtest du das Auto haben?" Joe wollte das Thema besprochen haben, bevor die Gefahr bestand, dass der Verkäufer zuhörte. "Ich find ihn toll, aber ich brauche so ein Auto wirklich nicht. Mir reicht ein ganz normaler Golf.", meinte sie kleinlaut. Ihr war vollkommen bewusst, dass ihre Begeisterung, die sie während der Fahrt gezeigt hatte, sie Lügen strafte. "Dein letzter Wagen war auch kein normaler Golf. Das war ein GTI. Und das hier ist nur der große Bruder vom GTI.", erklärte Joe, "Und wenn du ihn toll findest, dann bekommst du ihn auch." Nadja nickte stumm. "Danke.", hauchte sie dann nach hinten. Joe lächelte selig.

Vorsichtig setzte Mary den Wagen wieder auf den Parkplatz des Autohauses und sie stiegen aus. Der Verkäufer kam schon wieder aus dem Haus geeilt. "Das Verhandeln mache ich schon. Seht ihr euch doch einfach etwas um.", bot Joe an. Nadja nickte etwas unsicher. "Okay.", quetschte sie noch schnell heraus, bevor der Verkäufer bei ihnen war. "Und wie hat es ihnen gefallen?", meinte er freudig. Er war, nicht zuletzt, froh den Wagen auch wohlbehalten wiederzusehen und ging, so unauffällig wie möglich, einmal drumherum um die Felgen und die Stoßfänger auf eventuelle Kratzer oder Beulen zu kontrollieren, doch er fand nichts.

"Es war recht angenehm. Auf der Rückbank hat man aber sehr wenig Seitenhalt.", begann er die Verhandlung. "Wir sehen uns gleich wieder.", erklärte Mary und nahm Nadja an die Hand um zu verschwinden. Der Verkäufer presste etwas die Lippen zusammen. Er hatte gehofft, die Kleine würde sich während der Preisverhandlungen bettelnd auf dem Schoß des Kerls räkeln oder doch wenigstens mit feuchten Augen nebendran sitzen. Stattdessen hatte er diesen Geschäftsmann allein als Gegner und der hatte die Probefahrt auch noch mit einem Kritikpunkt quittiert. Da würde er noch einige Zugeständnisse machen müssen, die seine Provision sicherlich arg schmälerten. Aber auch er selbst war schließlich nicht unerfahren im Verhandeln.


Nadja und Mary setzten sich in einen großen Gelädewagen, welcher in der Ausstellung stand und begutachteten etwas Alibimäßig die Armaturen. "Was ist los? Freust du dich gar nicht, dass du den Wagen bekommst?", wollte Mary wisse. Nadja schüttelte den Kopf und nickte gleichzeitig dabei, was ihren Kopf etwas unwillkürlich wackeln ließ. "Schon. Aber ich muss mich nochmal neu dran gewöhnen.", erklärte sie. "Woran gewöhnen?" "Dass Joe mir solche Sachen einfach kaufen kann und es auch tut. Für so ein Auto müsste jemand anders ein ganzes Jahr arbeiten." Mary zuckte die Schultern: "Und Joe eben nur ein paar Stunden, vielleicht Tage. So ist es eben. Du wohnst doch jetzt schon eine Weile hier." "Aber so etwas Teures hat er mir noch nie gekauft. Und als er das erste Auto besorgt hat, war ich nicht dabei. Ich find es ja auch gut, aber ich muss mich eben noch dran gewöhnen." Mary schüttelte verständnislos den Kopf. "Ich denke, wenn du damit heim fährst, geht das ganz schnell."

2 Kommentare:

  1. Nadjas Bescheidenheit ist wirklich rührend. Ich kann sie aber auch verstehen, denn der erste Golf stand als Begrüßungsgeschenk in der Garage und sie war sowieso von all den neuen Reizen völlig überflutet.
    Jetzt hat sie einen ganz anderen Bezug zu den Dingen, zu Geld und zu auch zu Joe. Dennoch weiß sie es zu schätzen, was er für sie tut und nimmt es nicht selbstverständlich. Das ehrt sie in meinen Augen.

    Auch Mary kann ich verstehen. Es ist doch der Traum eines jeden Mädchens, dem reichen Prinz zu begegnen, der sie auf Händen trägt und mit teuren Geschenken überschüttet.
    Mary hat den teuren Verlobungsring gesehen und nun erlebt sie den Autokauf. Da war die teure Premiere, da ist die große Villa und das Personal... es ist ja logisch, dass sie nicht verstehen kann, dass Nadja das alles nicht selbstverständlich findet.

    Der gute Joe weiß von alldem nichts. Er ist glücklich, dass er Nadja mit so einem tollen Auto eine Freude machen kann und es sogar hin und wieder selbst mal nutzten wird. Ich bin nicht einmal sicher, ob ihm bewusst ist, dass Nadja gar nicht schmarotzen will. In ihren Augen hat ER all das Geld verdient und es ist SEIN Reichtum. In seinen ist das alles schon gemeinsamer Besitz, denn schließlich liebt er sie ja und gibt ihr das alles sehr gern.

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  2. Joe beginnt die Preisverhandlung schon recht geschickt, erst mal die Nachteile suchen, die Vorteile wird der Verkäufer schon lobend erwähnen. Bin ja mal gespannt, wieviel das nette Wägelchen kostet und was Joe noch herausschlägt.
    Natürlich ist Joe Geschäftsmann, aber für ihn ist ein Auto vom Wert nicht so hochrangig wie bei uns. Er denkt in anderen Preisklassen. Aber er ist ein Computerfreak und kein Finanzgenie. Mal sehen wie geschickt er weiter verhandelt.
    Für Nadja sind diese Preise immer noch unerschwinglich hoch, und das macht sie so symphatisch, dass sie es noch nicht als selbstverständlich ansieht.

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