Mittwoch, 18. April 2012

Noctambule III - Später Besuch

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Sergej hatte Miriam nur mühsam beruhigen können, nachdem sie von dem anstehenden Besuch ihres Onkels erfahren hatte. Doch war er selbst mehr als beunruhigt. Bisher hatte sich die angedrohte Verkupplung mit Lechaivre nicht bewahrheitet und er selbst hatte überhaupt nicht mehr daran geglaubt.
Doch nun schien es tatsächlich wahr zu werden, denn auch er konnte sich keinen anderen Grund vorstellen, weshalb der Onkel die beschwerliche Reise auf sich nehmen wollte.
Beunruhigt war er daher früh am Abend bereits in der Nähe des Hauses Dubrés gewesen und hatte die Ankunft des Vormunds beobachten können. Die Dunkelheit verhalf ihm dazu, sich unbemerkt nahe dem Salonfenster aufzuhalten und so das Gespräch dank seines feinen Gehörs zu verfolgen.


Die Argumente Belliers überraschten Sergej kein bisschen, doch brachten sie ihn zu einem kurzen, gefährlichen Lächeln. Viele Möglichkeiten blieben ihm wahrlich nicht. Entweder er konnte Bellier in einem privaten Gespräch von seinem Plan abbringen, oder aber er musste Lechaivre eben beseitigen.
Und wenn es sein musste auch den Onkel, wobei er davor zurückschreckte, war es doch immerhin die letzte Verwandtschaft seiner kleinen Miriam.
So wartete er die Auflösung der Gesellschaft ab und überreichte dem steinernen Louis seine Karte. Während er darauf wartete, in den Salon gebeten zu werden, überprüfte er sein Äußeres noch einmal in dem mannshohen Spiegel, der bei einem typischen Frauenhaushalt in der Eingangshalle nicht fehlen durfte.
Er war zufrieden. Seine Kleidung war stilvoll und gepflegt. Seine braunen, lockigen Haare waren mit einem schwarzen Band zum Zopf gehalten, doch wie Armand verweigerte auch er jede Form von Puder oder Perücken.
Sergejs schlanke Gestalt wirkte bei weitem nicht so elegant und geschmeidig wie die Armands. Doch besaß er eine sportliche, kraftvolle Ausstrahlung und die ihm eigene Blässe wirkte daher umso stärker, wünschte doch die Gesellschaft durch Blässe Eleganz vorzutäuschen. Dennoch war ihm seine Ausstrahlung auf die Menschen durchaus bewusst, zumal er sie schließlich nach Belieben einsetzen und verstärken konnte.
Louis erschien und riss ihn aus seinen Gedanken, um ihn in den Salon zu bitten, wo ihn ein verwirrter Mann begrüßte, der mit fragendem Blick aufstand und ihm entgegen sah. Sergej schmunzelte über die leicht schief sitzende Perücke, die Matisse sich offenbar hastig wieder aufgesetzt hatte und verbeugte sich höflich.
"Monsieur Bellier, vermute ich? Ich bin erfreut, dass Ihr zu dieser späten Stunde noch ein Ohr für mich habt." erklärte er und streckte seine Hand aus, die Matisse unwillkürlich ergriff. Der feste Handgriff seines Besuchs verwirrte ihn erstrecht, zeugte er doch von energischem Auftreten und hohem Selbstbewusstsein.
"Ganz Recht, Monsieur. Verzeiht bitte meine Verwirrung.. aber ich kann mich nicht erinnern…" Sergej nickte verständnisvoll und blieb höflich stehen, bis Matisse ihn zum Sitzen einladen würde.
"Komarov. Sergej Komarov. Ein russischer Name und er bedeutet Stechmücke." erklärte er mit zuckendem Mundwinkel. Noch immer hatte er eine gewisse Freude daran, seinen Namen zu erklären und sein Gegenüber darüber im Unklaren zu lassen, dass er tatsächlich ein blutsaugendes Wesen vor sich hatte.
Matisse nickte verständnislos und deutete eine einladende Bewegung zu den Sesseln an, noch immer mit fragendem Gesichtsausdruck.
"Ich bin sehr froh darüber, Euch unter vier Augen zu sprechen, Monsieur Bellier. Immerhin bin ich ein leidenschaftlicher Verehrer Eures Mündels und es ist an der Zeit, mich Euch vorzustellen." plauderte Sergej während er sich lässig in einen der Sessel sinken ließ. Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht, denn Matisse plumpste perplex in seinen Sessel zurück und starrte den Fremden an.
"Verehrer?" jappste er fassungslos. Sergej hob eine Braue und nickte langsam.
"Ei freilich! Dachtet Ihr denn, eine so schöne, junge Dame wird in Marseille nicht gesehen und von Verehrern nur so belagert? Ich kann Euch versichern, dass es eine massive Anstrengung bedurfte, um meine Konkurrenz auszuschalten." Sergej fuchtelte mit der Hand herum und war wohl der Einzige in diesem Raum, der wusste, was mit dem Begriff "Ausschalten" gemeint war. Doch Matisse fand durch Sergejs Antwort Zeit sich zu fassen und kratzte sich unbewusst an der Perücke.
"Ihr seht mich verwirrt Monsieur. Ich höre Euren Namen heute zum ersten Mal und gerade vorhin hätte Miriam doch Gelegenheit gehabt, von Euch zu berichten?" Seine Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Sergejs Absichten waren nicht zu überhören, entlockten aber nur ein entspanntes Schmunzeln.
"Sie ist eine bescheidene junge Dame. Vielleicht wollte sie einen besseren Zeitpunkt abwarten?" Matisse wusste darauf nichts zu entgegnen. Doch nun hatte er sich wieder in der Gewalt und lehnte sich zurück. Seine eigenen Töchter hatte er gut unter die Haube gebracht und er wusste, worauf es nun ankam. Und einen ungebetenen Verehrer abzuwimmeln, dürfte keinerlei Schwierigkeiten bedeuten.
"Offenbar ist sie das, mein lieber Komarov. Und auch noch so bescheiden, dass sie Euch ihre Verlobung noch nicht mitgeteilt hat? Ich nehme an, der Kontakt ist eher lockerer Natur?!" Seine Stimme blieb in gleichbleibender, plaudernder Melodie, doch das Lauern in seinen Augen war für Sergej zu offensichtlich. Er schmunzelte und schlug ein Bein über das andere.
"Aber nicht doch! Miriam mag diesen Lechaivre nicht und zudem bin ich davon überzeugt, dass Lechaivre sie auch nicht heiraten wollte, wüsste er denn die Wahrheit über die.. hm.. sagen wir .. über die Tiefe unserer Beziehung." Er zeigte bei seiner Antwort offenbar mehr Interesse für die Sauberkeit seiner Schuhe als für sein Gegenüber, doch sein feines Gehör hatte das kurze Stocken der Atmung vernommen und ihm war klar, dass Matisse begriffen hatte, worauf er hinaus wollte.
Als er nun langsam die Augen hob, lag ein kleines, kaum sichtbares Glimmen darin. Von nun an würde Matisse seinen Blick nicht mehr von Sergejs Augen lösen können und wäre später zu jedem Zeitpunkt in seinem Leben felsenfest davon überzeugt, seine eigene Meinung zu vertreten und niemals eine andere gehabt zu haben. Lächelnd begann Sergej zu sprechen.

1 Kommentar:

  1. Sergej ist da :)

    Ach wie schön. Und er ist überraschend dezent. Ich bin zwar sicher, dass Miriam, außer ihrer allgemeinen Abneigung gegen das Töten von Menschen, nicht viele Einwände gegen eine Beseitigung des Onkels gehabt hätte. Dennoch ist Sergej rücksichtsvoll und einfühlsam. Das ehrt ihn und in Anbetracht der Tatsache, dass er ein Vampir ist, ehrt es ihn erst recht.

    Nun wird Matisse also Lechaivre verklickern müssen, dass er seine Zusagen zurücknimmt und die kleine Miriam wird mit Sergej verlobt.
    Oder sehe ich das falsch?

    Ich frage mich nämlich allen ernstes, wie Sergej wohl vor hat, dieser gesellschaftlichen Verpflichtung zu begegnen.

    Aber da hatten die zwei ja schon vor geraumer Zeit den ein und anderen Plan zur Hochzeit im Kerzenschein gehegt.

    Und was ich auch zu gern wüsste ist, ob sich Sergej noch in die Regelung der finanziellen Angelegenheiten einmischt. Oder ha er selbst genug gelt, dass das nicht notwendig ist?

    Ach jetzt wirds spannend.

    LG
    Joe

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