Donnerstag, 26. April 2012

Noctambule III - Madame erscheint

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Drei. Für eine Inhaltsübersicht zu bereits veröffentlichten Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule III

Aufgeputscht von dem schönen Abend ließ Amanda Dubrés sich von ihrem Kutscher aus dem bequemen Landauer helfen und schaute verblüfft auf den schlichten Wagen, der vor ihrem Haus stand. Sie kannte den Wagen und eine steile Falte bildete sich auf ihrer Stirn. Was zum Teufel suchte der Doktor hier? Wer mochte wohl krank sein? Als sie das Haus verlassen hatte, war doch jeder wohlauf!


Sie schüttelte die helfende Hand des Kutschers mit neugieriger Ungeduld ab und mühte sich ächzend die drei Stufen zu ihrem Haus hinauf, wo sie darauf wartete, dass man ihr öffnete. Normalerweise war ihr Butler darauf getrimmt, ihre Kutsche zu hören und unaufgefordert die Tür zu öffnen. Sie war es nicht gewohnt, an ihre eigene Haustüre zu klopfen und ihre Laune sank in den Keller, als nicht sofort geöffnet wurde.
Herrisch donnerte sie den schmiedeeisernen Türklopfer gegen das Holz und tippte mit dem Fuß, bis sie endlich hastige Schritte hörte. Madame hatte Louis nun seit über zwanzig Jahren in ihren Diensten, aber so durcheinander wie heute hatte sie ihren beherrschten Butler noch nie erlebt.
Das Unbehagen wuchs in ihr und so ließ sie ihn nicht aus den Augen, während sie eintrat und ihre Handschuhe von den Fingern rupfte, um sie achtlos auf einen kleinen Tisch zu werfen.
"Darf ich erfahren, was hier für ein Trubel herrscht?" blaffte sie. Louis schloss die Türe wieder und räusperte sich blinzelnd, offensichtlich nach Worten suchend und dabei seine Fassung wieder aufbauend. Er kannte seine Dienstherrin lange genug, um zu wissen, dass es in ihren Augen nichts gab, was einem erlaubte, seine Pflichten zu vergessen.
"Mademoiselle la Comtesse wurde.. ja, wie soll ich sagen.. überfallen, Madame." platzte er schließlich vorsichtig heraus. So eine abscheuliche Tat war ihm noch nie untergekommen und während seiner Dienstzeit ganz sicher auch nicht Madame.
Sie hatte ihn stets mit ihrer Gelassenheit und Weitsicht beeindruckt, doch bei dieser Nachricht hatte er tatsächlich erwartet, dass sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und völlig verwirrt sein würde. Nichts davon war der Fall.
Madame atmete zischend ein, richtete sich gerade auf und hämmerte ihren kleinen, eleganten Gehstock mit Wucht auf den teuren Marmorboden.
"In meinem Haus überfallen? Von wem?" Louis blinzelte und hatte mit einem Mal das unangenehme Gefühl, in der Verantwortung zu stehen.
"Monsieur Lechaivre stattete ihr einen Besuch ab und benahm sich dabei offensichtlich überaus unziemlich." erklärte er langsam und schaffte es endlich, seine alte, steife Haltung einzunehmen, die ihm auch dabei half, sich innerlich gegen mögliche Vorwürfe zu wappnen. Madame starrte ihn reglos an.
"Und wo, wenn ich fragen darf, war mein Butler, um dies zu verhindern?" Die Schärfe in ihrer Stimme ließ ihn leicht zusammenzucken.
"Mademoiselle schickte mich fort. Ich.. habe keinen Moment mit einer derartigen Entgleisung gerechnet." Selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Rechtfertigung nun schal. Er hätte sich nicht in sein Zimmer unter dem Dach zurückziehen dürfen, auch wenn er das sonst immer tat, wenn Madame unterwegs war, denn er hätte die Kutsche rechtzeitig gehört, um sofort wieder hinunter zu eilen. Das Übergewicht und die schmerzhafte Gicht Madames ließen ihm immer genug Zeit, sich wieder in seine Jacke zu zwängen und rechtzeitig an der Türe zu sein, bis sie sich aus der Kutsche hinaus und die Stufen hinauf gequält hatte.
Amanda betrachtete ihren Butler mit vernichtendem Blick. Noch nie hatte Louis sich solch eine Entgleisung erlaubt und seine Pflichten vernachlässigt. Sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte, doch waren andere Dinge gerade viel wichtiger.
"Bring mich zu ihr!" befahl sie barsch und folgte Louis in den Salon, dessen Tür er ihr eilig aufhielt und sorgsam hinter ihr wieder schloss. Erst als er alleine war, atmete er tief durch und plusterte die Wangen beim Ausatmen auf.

1 Kommentar:

  1. Armer Louis. Allerdings hätte er sich ja denken können, dass er nochmal gebraucht wird, wenn Madame zurückkehrt.
    Insofern hat er sich seine missliche Lage durchaus selbst zuzuschreiben. Und als es darauf ankam und im Garten der Tumult herrschte, war er ja auch schnell zur Stelle.

    Ich denke auch, dass Madame sich wohl wieder abkühlen wird. Einen Mann, welchen man 20 Jahre in treuen Diensten hatte, setzt man nicht für einen Abend vor die Tür. Jedenfalls würde es mich wundern, wenn Amanda mit ihrem Personal dermaßen wenig Loyalität beweist.

    Schaun wir mal, wie das ausgeht. Ich bin gespannt, wie es Miriam geht und ehrlich gesagt, möchte ich auch wissen, was mit Lechaivre ist. :)

    LG
    Joe

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