Sonntag, 15. April 2012

Die einzige Frau

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

"Also, was haben wir?", fragte Malcquin in de Runde und wartete Wortmeldungen ab. "Ich denke kaum, dass ich das vorzulesen brauche." Joe zwang sich die Reihe der Gesichter am Tisch anzusehen und entdeckte die verschiedensten Gesten. Manche winkten ab, schmissen demonstrativ ihre Stifte vor sich auf den Tisch und lehnten sich zurück. Andere schauten einfach interessiert nach vorne. Hill und die Leute, die neben ihm saßen hatten bereits zu tuscheln angefangen und Hill selbst hob den Arm.

Malcquinn zuckt etwas die Schultern und machte eine einladende Handbewegung in Hills Richtung. "Bitte." Hill erhob seine massige Gestalt aus dem Sessel um seinen Worten Nachdruck zu verleihen und schaute bedeutsam in die Runde. Saltstone konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. "Ich bin der Meinung, dass die jüngste Affäre, ein völig inakzeptables Verhalten des CEO, Mr. Bernstein, gezeigt hat und möchte hiermit vorbringen, dass der Aufsichtsrat heute die Entlassung beschließen soll.", begann Hill seine Rede.

Die Reaktionen, die vorher schon zu beobachten waren, verschärften sich. Vom ein und anderen war ein Stöhnen zu hören. Der kleine Club um Hill verfiel in zustimmendes Murmeln. "Eine Affäre mit einer Minderjährigen wirft kein gutes Licht auf eine Person in so einer Position und Schaden für die Firma ist nicht auszuschließen." Hill nickte noch einmal und setzte sich wieder. Malcquinn sah Joe etwas abwartend an. "Mr. Bernstein, vielleicht wollen Sie selbst als Erster etwas dazu sagen?" Joe zuckte kurz mit den Schultern und versuchte sich möglichst unbeteiligt zu geben.

"Ich habe eine Pressemitteilung verfassen lassen, welch Ihnen allen bekannt sein sollte. Es handelt sich nicht um eine Affäre, sondern bei meiner 17 jährigen Partnerin handelt es sich um meine zukünftige Frau und Verlobte. Ich habe sie bereits gefragt, und sie hat eingewilligt. Sie trägt den Verlobungsring meiner Familie." Er hatte noch anfügen wollen, dass die Beziehung nicht illegal wäre, doch dann hatte er sich an Saltstones Predigt erinnert, dass er selbst nicht damit anfangen sollte. "Danke, Mr. Bernstein.", nickte Malcquinn.

"Ich würde dann auch gern etwas sagen.", meldete sich Saltstone. "Bitte.", kam es vom Vorsitz und wiederholte seine einladende Handbewegung um dem älteren Herrn das Wort zu erteilen. "Danke. Und lassen sie mich direkt meinen Stanpunkt klarmachen: Bullshit! Die gesamte Diskussion ist überflüssig. Die negative Berichtersattung ist ohne Auswirkungen auf den Börsenkurs der Firma oder gar auf die Auftragslage vorbeigegangen. Im Gegenteil: Die Verkaufsabteilung konnte exakt in der Woche in der die meisten Artikel erschienen einen neuen großen Entwicklungsauftrag einholen. Ich spreche dem CEO hiermit mein vollstes Vertrauen aus." Joe bekam kurz eine Gänsehaut beim Vortrag und das flaue Gefühl, das Hills Antrag hinterlassen hatte, verflüchtigte sich ein bisschen.

"Mr. Hill, wie haben Sie sich das vorgestellt? Sollen wir abstimmen ob wir dem CEO kündigen?", wollte Malcquin nun wissen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass tatsächlich so eine Diskussion zu führen war und hatte sich nicht mit dem vorgeschriebenen Procedere auseinandergesetzt, dass vermutlich nötig war, um eine solche Entlassung vorzunehmen. "Ich plädiere für die sofortige Entlassung.", gab Hill stumpf zurück. "Bevor wir das nun so lapidar abstimmen, würde ich gern noch etwas zu Bedenken geben.", schaltete sich nun Anna Korg, die einzige Frau im Aufsichtsrat ein.

1 Kommentar:

  1. Und wieder einmal zeigt sich, dass in einer Gruppe von Menschen immer mindestens einer ist, der ach so einfrig, seriös und anständig die scheinbare Ehre eines in seinem Namen geführten Unternehmens verteidigt.
    Mr. Hill gehört wohl zu denen, die nach außen hin so ehrbar leben wie nur möglich. Ich möchte allerdings nicht wissen, welche kleinen Sauereien er bereits hinter sich hat. Natürlich ist ihm aber nichts nachzuweisen :)

    Es muss schlimm für Joe sein, sein Privatleben so auf den Tisch legen zu müssen. Aber das wird er von Anfang an gewusst und mit eingeplant haben. Irgendwann wird er selbst in diesem Vorstand sitzen, hoffe ich.
    Was hat diese einzige Frau denn nun zu sagen? Es gibt genau zwei Möglichkeiten: Sie ist die Quotenemanze, die nun Joe einen Missbrauch Minderjähriger unterjubelt oder sie ist knallharte Geschäftsfrau, die Vor- und Nachteile abwägen kann und hier keine Nachteile findet.
    Bin gespannt, was sie von sich gibt.

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