Sonntag, 19. Februar 2012

Verweinte Augen

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Nadja saß mit verweinten Augen allein im Ausgangszimmer. Anfangs war es ihr komisch vorgekommen, ein zweites Wartezimmer zu haben, in dem man sitzen konnte, bevor man wieder hinaus ging. Doch nach fast eineinhalb Stunden Gespräch mit Dr. Rosenbaum wollte sie definitiv eine Weile allein sein und sie wollte sich erst einmal frisch machen, bevor sie sich wieder hinauswagte. Immer wieder wischte sie sich mit einem Taschentuch die letzten rollenden Tränen von den Wangen. Das Schluchzen hatte zum Glück bereits aufgehört.

Mehrfach atmete sie tief durch und ließ das Treffen in Gadanken Revue passieren. Es war erstaunlich einfach gewesen, zu der Ärztin Vertrauen zu finden. Sie hatte eine mütterliche und sehr verbindliche Art, welche Nadja kaum genau in Worte fassen konnte. Aber es hatte ihr einfach gemacht, sich fallen zu lassen. Ihre Bedenken, sie könnte jemand fremdem über all diese Dinge niemals etwas erzählen, waren wie weggeblasen. Es hatte schrecklich gut getan, einfach mal alles aussprechen zu dürfen und sich keine Gedanken machen zu müssen, es könnte falsch ankommen oder von den falschen Leuten gehört werden.

Dennoch war es ziemlich anstrengend gewesen. Mit den Worten und den Erinnerungen kamen so viele Emotionen hoch und auch das was Dr. Rosenbaum ihr hin und wieder dazu gesagt hatte, war alles andere als leicht zu verdauen gewesen. Besonders, was sie über das Verhältnis zu ihrer Mutter gesagt hatte, hatte tief getroffen und Nadja bewust gemacht, wie sehr sie das offene Verhältnis mit ihrer Mutter vermisste. Das konnte zwar die Probleme mit den Freundinnen oder auch mit Joe nicht lösen, aber es war ein Anfang.

Und schon übermorgen sollte sie wiederkommen. Allerdings hatte Dr. Rosenbaum den Termin dann auf den Nachmittag gelegt, so dass sie nach der Schule dorthin fahren könnte.

Langsam raffte Nadja sich auf und ging in das kleine Badezimmer, dass sich neben dem Warteraum befand und wusch sich gründlich das Gesicht. Einmal mehr segnete sie ihre Aversion gegen übertribenes Makeup und freute sich über die Tatsache, das sie keine Schminke aufgetragen hatte, die hätte verlaufen können. So sah sie nun zwar deutlich verweint aus, aber das war mit etwas kaltem Wasser in den Augen so zu mindern, dass es nicht direkt auffiel. Dr. Rosenbaum hatte ihr zwar eine Sonnenbrille angeboten, doch das war Nadja dann doch zu albern gewesen. Ein letztes Mal putzte sie sich gründlich die Nase und wischte sich das Wasser aus den Augen. Dann huschte sie aus der Tür hinaus und hoffte, dass sie auf dem Weg zu ihrem Wagen möglichst niemand begegnen würde.

1 Kommentar:

  1. Das Märchen, dass kaltes Wasser so schnell gegen verweinte Augen hilft, hält sich ja echt hartnäckig. Es tut gut, ja! Es klärt die verheulten Gedanken, auch ja. Aber ein verheultes Gesicht bleibt verquollen und rot und die Augen täuschen niemandem etwas anderes vor :)
    Ich fürchte, Nadja wird noch oft darüber nachdenken, eine Sonnenbrille zu tragen, denn da müssen noch etliche Tränen fließen, bevor sie alles abgebaut hat und man daran gehen kann, die Mauern abzubrechen. Aber genau das ist ja auch der Sinn der Sache :) Schaffst du, Nadja!

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