Samstag, 24. Dezember 2011

Adventskalender 2011 - 24. Dezember

Dies ist ein Teil des Advendtskalenders 2011. Für die Übersicht der bisherigen Kapitel schaut doch bitte hier: Inhaltsverzeichnis

Er hatte sie doch vor allem gerettet. Sonst wäre mit ihr nur das Gleiche passiert, wie mit ihm. Er hatte sie beschützt und dafür gesorgt, dass sie niemals leiden musste. Und was war nun der Dank? Sie tauchte auf und drohte alles auffliegen zu lassen. Es war schwierig gewesen von Jens zu Dirk zu werden und den Job am Theater zu bekommen. Aber Jens hatte einfach keine Chance mehr gehabt. Egal, wie er sich anstellte und wie er sich bewarb, immer kam nur die Absage. Also verschwand Jens und Dirk erschien. Und eines Tages stand sie vor der Tür und drohte alles auffliegen zu lassen.


Martin legte auf. "Dirk ist Jens!", entfuhr es ihm triumphierend, "Ich hatte seinen alten Bewährunghelfer dran. Er hat ihm damals geholfen. Sein Knastaufenthalt ließ sich nicht verheimlichen und blockierte die Zukunft komplett, also haben sie gemeinsam einen fiktiven Bruder geschaffen. In dem Chaos, dass damals in den Familienverhältnissen geherrscht hat, ist das nicht weiter aufgefallen." Gerrit starrte seinen Kollegen etwas entgeistert an. "Der Typ hat seine Mutter erstochen und dafür sechs Jahre gesessen und macht auf Facebook ein Album mit ihren Fotos auf?"

"Es kommt noch besser!" "Noch besser?", hakte Gerrit ungläubig nach. "Ich weiss, wer das Opfer ist!"


Wenn sie nur nicht gedroht hätte, alles öffentlich zu machen. Er hatte ja extra die Fotos veröffentlicht, damit sie ihn finden kann. Er wollte sie treffen und ihre Dankbarkeit erfahren. Als er damals in den Knast gewandert war, hatte er jede Spur zu ihr verloren. Aber statt, dass sie ihm dankbar war, dass er sie gerettet hatte vor einem Leben im Märtyrium, hatte sie nur Hass für ihn übrig und drohte allen Nachbarn und dem Arbeitgeber zu erzählen, dass er der Mörder ihrer Mutter war. Das hatte er nicht zulassen können. Ab da hatte die Sache ein Eigenleben entwickelt.

Die ersten Tage und Nächte hatte sie noch in der Abstellkammer verbracht mit einer Leiter und einem Stuhl als Barrikade gegen ihre Ausbruchsversuche. Schon bald hatte er den Käfig im Keller zusammengeschweist. Er hatte eigentlich immer damit gerechnet, dass man von Amerika aus, wo sie jetzt lebte, nach ihr suchen würde. Doch das war ihm erspart geblieben. Stattdessen waren diese beiden Polizisten aufgetaucht und hatten halbherzig versucht ihn über den Kopf auszuquetschen. Doch das war ja gründlich in die Hose gegangen.

Warum er angefangen hatte sie zu quälen, konnte er nicht mehr sagen. Das mit der Hand war eher ein Unfall gewesen, als er ihr das Essen geben wollte. Im Gerangel hatte er ihr drei Finger gebrochen. Er hatte ihr eine neue Hand machen wollen, aber sie hatte sie nicht haben wollen. Also warf er sie weg. Und als sie wegen der Schmerzen in den Fingern immer weiter jammerte und nach einem Arzt schrie hatte er eines Tages die Axt genommen und sie abgehackt. Der Stumpf war viel besser verheilt, als es der Knochen wohl ohne ärztliche Hilfe gekonnt hätte. Und es war so faszinierend die tote Hand nachzubilden. Bei seiner Arbeit hatte er niemals solche Vorlagen. Doch die Nachbildungen in seinem Haus ertrug er nicht. Also musste er sie loswerden. Und wer sollte ihn schon belangen, weil er künstliche Gliedmaßen in den Park warf. Die Vorstellung wie Leute sich darüber erschreckten, amüsierte ihn sogar. Und dann auch noch der alberne Zeitungsbericht der Polizei.

Als er es mit dem Bein ebenso machen wollte, war sie fast verblutet. Also hatte er sie mit der Schlinge erlöst. Ihm war sowieso längst klar, dass er sie nie wieder würde freilassen können. Da kam es nun auch nicht darauf an. Doch dann der fatale Fehler mit dem Kopf. Und nun musste er die Spuren so schnell wie möglich vernichten.


"Frau Peitschner hatte einen Säugling, als sie erstochen wurde. Das taucht in der Akte nicht auf, weil die Vermittlungsunterlagen unter Verschluss sind. Der Vater war ohnehin unbekannt und die Mutter war tot, so wurde das Mädchen von Amts wegen zur Adoption freigegeben." "Die Reste müssen noch dort sein!", rief Gerrit und es wurde hektisch.


Das Klicken der Handschellen bekam er schon nur noch am Rande mit. Der beißende Gestank des Säuresuds verblasste so langsam in seiner Nase. Er hatte in der Hektik nicht mehr konsequent mit der Maske gearbeitet. Als die Polizei hereinkam wusste er, dass es ohnehin vorbei war. Noch über die Hälfte des Torsos und das zweite Bein lagen offen im Kellerraum auf der Plane. Keinen Zweck mehr zu leugnen.

3 Kommentare:

  1. Lieber Joe...

    Vor einigen Tagen hatte ich kurz.. ganz kurz den Gedanken, dass er mit seiner Mutter ein Kind gezeugt haben könnte. Aber das verwarf ich sofort wieder, weil es so abwegig war.
    Ich hätte es besser wissen müssen. Natürlich hast du einen Ausweg gefunden, der wirklich faszinierend ist. Abgründe der Menschheit. Leid, Qual, Irrsinn. Das alles hast du mal wieder meisterhaft verpackt und mit erheblichem Gruselfaktor und Rätselspaß versehen.
    Vielen Dank für diese saugeile Geschichte. Wenn ich einen Hut hätte, würde ich ihn vor dir ziehen.
    Jetzt kann ich beruhigt Weihnachten feiern und mich heute abend dann wohl sehr spät erst der Nadjageschichte widmen. Aber obwohl hier schon Gäste warten, MUSSTE ich das lesen.!

    Frohe Weihnachten dir, Joe und euch Lesern!

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  2. Danke für diesen Krimi in der Weihnachtszeit!
    Hat mir sehr gut gefallen und er war total spannend!
    Hoffe du schreibst mal wieder einen!
    Schöne Weihnachten! Grüßle Susanne

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  3. Schönes Ende einer sehr schönen Geschichte :-)
    Man hat bis zum Schluss mitgerätselt wie die Zusammenhänge sind und lag doch meist etwas daneben.
    Joe, mehr davon :-)

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