Sonntag, 30. Oktober 2011

Noctambule II: Epilog

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Sie wollte ihre Augen nicht öffnen, sonst würde sie das schöne Bild verlieren, das sie sich von Armand eingeprägt hatte. Es war herrlich still um sie herum. Sie konnte nicht spüren, worauf sie lag, aber es war weich und bequem und außerdem wunderbar warm. Überrascht stellte sie fest, dass sie überhaupt keine Schmerzen verspürte und fragte sich, ob sie das alles vielleicht nur geträumt haben könnte.


Vorsichtig bewegte sie die Finger ihrer rechten Hand und war erleichtert, dass sie ihr gehorchten. Behutsam tastete sie zu ihren Bauch, aber irgendwie lag eine Decke zwischen ihrer Hand und ihrem Bauch. Vielleicht würde sie aber trotzdem feststellen können, ob sie ihre Verletzung gar nicht hatte, sie würde nur ein wenig fester drücken müssen. Ihre Finger ertasteten den festen Verband und ihr Gesicht verzog sich kurz, als der leichte Druck schon einen ziehenden Schmerz auslöste.
Eine große Hand legte sich auf ihre Rechte und stoppte sie in der Bewegung. Lange Finger schlossen sich um ihre Hand und drückten sie sanft. Unwillkürlich begann Anya mit noch immer geschlossenen Augen zu lächeln. Es fühlte sich an wie früher, wenn Armand ihre Hand an etwas hindern wollte.
Aber Armand konnte es nicht sein, denn er war ja gar nicht da. Oder doch? Sie runzelte die Stirn in ihrer Zwickmühle. Um das herauszufinden, würde sie die Augen öffnen müssen. Aber es war so angenehm dunkel und vielleicht würde das Öffnen ihrer Augen das schwebende Gefühl vertreiben, das sie daran hinderte, Schmerzen zu spüren.
"Meine kleine Anya…." Die steile Falte zwischen ihren Augen wurde noch tiefer, als sie die geliebte dunkle Stimme hörte. Träumte sie das alles nun oder war es Wirklichkeit? Es half alles nicht, sie musste ihre Augen doch öffnen, um sich Sicherheit zu verschaffen. Es war anstrengender, als sie geglaubt hatte, bis ihre Lider gehorchten und sie blinzelnd aufsehen konnte.
Sie blickte direkt in die tiefen, schwarzen Augen Armands, der neben ihr auf der Bettkante saß und sie lächelnd betrachtete. Anyas Hals wurde enger und auch mehrmaliges Schlucken half ihr nicht, den Kloß loszuwerden, der ihren Hals plötzlich verstopfte. Sofort füllten sich ihre Augen mit Tränen und ein tiefer Schluchzer quälte sich langsam aus ihrer Kehle.
Sie spürte Armands andere Hand an ihrer Wange und drückte ihr Gesicht sofort hinein. Wie sehr hatte sie dieses vertraute Gefühl vermisst, ihr Gesicht in dieser großen Hand verstecken zu können!
Obwohl die Tränen seinen Anblick verschleierten konnte Anya nicht wegsehen. Mit einer heftigen Kraftanstrengung hob sie ihre linke Hand und betastete sein Gesicht, als müsse sie sich immer noch vergewissern, dass sie nicht träumte, sondern ihn wirklich lebhaft fühlen konnte.
"Armand!" flüsterte sie kaum hörbar. Sie konnte sein Nicken an der Hand fühlen und unendliche Erleichterung machte sich in ihr breit. Endlich war sie in Sicherheit! Endlich konnte sie sich entspannen und darauf vertrauen, einfach in Ruhe gesund zu werden. Mit einem tiefen Seufzer sank ihre Hand wieder zurück auf die Bettdecke und sie schloss die Augen. Jetzt konnte sie endlich in Ruhe schlafen. Noch bevor sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, war sie bereits wieder in einen tiefen Schlaf gefunden und sah dadurch nicht, wie feucht Armands Augen schimmerten.

Wieder spürte sie die weiche Unterlage und wieder wollte sie ihre Augen nicht öffnen, doch ihre Erinnerung rief die letzte Szene herauf und weckte das Bedürfnis, sofort nach Armand zu tasten. Sie musste nicht lange suchen, denn sofort legte sich seine große Hand erneut auf ihre. Dieses Mal lächelte sie sofort und zwang sich, die Augen zu öffnen. Er war da.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel und seine Augen blickten liebevoll auf sie herunter.
Anya zog seine Hand zu ihrem Gesicht und schmiegte es mit einem erleichterten Lächeln hinein. Er überließ ihr seine Hand, so lange sie wollte und streichelte mit dem Daumen die weiche Haut ihrer Wange.
"Hast du Schmerzen?" Seine Stimme war sanft und leise. Nicht ein einziger Vorwurf schwang darin mit, was sie erleichterte und zugleich erstaunte, denn schließlich war sie ja fort gelaufen, auch wenn er den Grund geliefert hatte. Anya lauschte kurz in sich, doch selbst wenn sie Schmerzen empfunden hätte, würde sie den Kopf schütteln nur um ihm keine weiteren Sorgen zu bereiten. Und tatsächlich zeigte er ihr ein freudiges Auflächeln und legte seine Hand auf ihren Bauch.
"Und unserem Kind geht es gut?" Anyas Selbstbeherrschung zerbrach wie ein empfindliches Glas. Tränen der Freude stiegen in ihr auf. "Unser Kind" hatte er gesagt! Er erkannte es an! Und das, obwohl sie selbst nicht sicher sein konnte, wer der Vater war! Lautlos liefen die Tränen über ihr Gesicht, doch sie konnte den Blick nicht von seinem Gesicht abwenden. Kurze Unruhe flackerte in seinen Augen auf, als sie still zu weinen begann, doch ihr schnelles Nicken brachte ihn wieder zum Lächeln.
Seine Arme schoben sich unter ihren Körper, um sie aus dem Bett zu heben und sofort schlang sie ihre Arme um seinen Hals. Mühelos trug er sie aus dem Zimmer und über den Flur zur Tür. Anna blinzelte an sich herunter, um sich zu vergewissern, dass sie anständig genug gekleidet war, denn sie könnten ja Sergej oder Maurice begegnen. Erleichtert stellte sie fest, dass sie ein züchtig geschlossenes Nachthemd trug und schmiegte sich entspannt an die breite Brust Armands. Er würde schon wissen, was er tat.

1 Kommentar:

  1. Sie haben sich also wieder. Und endlich können sie auch das Missverständnis ausräumen, dass zu all diesem Unheil geführt hat.

    Vor dem Hintergrund all dessen, was passiert ist, verblasst der, ohnehin alberne, Streit, welcher der Auslöser war, zu einer Nichtigkeit. Sie brauchen nichts weiter als eine kurze Aussprache und nun können sie endlich die Zeit wieder gemeinsam Genießen und ihr Baby erwarten.

    Auch weiss Armand ja schon, dass sie bei George war. So kann also auch das keinen Scock mehr hervorrufen, wenn es herauskommt.

    Nur jetzt heisst dieses Kapitel schon Epilog - Da hast du aber wirklich noch viel offen:

    Was verursachte das Poltern?
    Wird die kleine Joscelin ihre Freundschaft zu einer Vampirin bezahlen? Hat sie sie bereits bezahlt?
    Kam die gute Madeleine noch davon?
    Was wird aus Miriam und Sergej?
    Was wird überhaupt aus Miriam?
    Wie endete der Streit zwischen Armand und Fabrizio? Hat er mitbekommen, was auf dem Schiff tatsächlich hätte passieren sollen, wäre er nicht rechtzeitig gekommen?

    Oh Gott bin ich auf Morgen gespannt - und oh Gott bin ich auf Band drei gespannt :)

    Die Szene heute ist so wunderschön, dass ich hoffe morgen wird es ähnlich. Dann kann ich mich gut gedulden.

    Liebe Grüße
    Joe

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