Montag, 12. September 2011

Noctambule II: Die Soldaten des Königs

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Von einer Sekunde auf die andere war Anyas Kopf wieder glasklar. Ihre Rechte löste sich vom Lederband und griff in die Hosentasche von George. Da seine Hose geöffnet war, kam sie leicht hinein und ertastete sofort den Schlüssel zu seinem Schrank. Hastig sprang sie auf und rannte hinüber.
Ihre fahrigen Finger trafen in ihrer Hast nicht sofort das Schloss, aber schließlich passte der Schlüssel und mit erleichtertem Stöhnen hörte sie das Geräusch des Entriegelns.

Sie riss beide Schranktüren auf und entdeckte sofort ihr zusammengeknülltes Nachthemd, das sie sich hastig schnappte. In ihren Umhang knüllte sie wahllos Hemden und Hosen von George und rannte damit zurück ins Wohnzimmer.
Die Männer vor der stabilen Haustür hatten aufgehört zu rufen. Etwas Schweres donnerte gegen die verriegelte Tür, die bereits gefährlich knirschte und jeden Moment nachgeben konnte.
Anya hatte das Messer von George holen wollen, hielt aber verwirrt inne, als sie Joscelin sah.
Das Mädchen war wieder zu sich gekommen und versuchte verzweifelt, von George wegzurobben, der offenbar nur kurz benommen gewesen war. Nun versuchte er bereits wieder auf die Knie zu kommen, nachdem er das einschnürende Leder von seinem Hals gezerrt hatte. Seine Augen glühten mörderisch, als er Anya erblickte. Anya entschied sich sofort um, nachdem sie eigentlich Joscelin sich selbst hatte überlassen wollen. Aber entweder würde sie nun durch George sterben oder aber den Soldaten von ihr und George erzählen. Es war keine Zeit zu überlegen, inwieweit man dem Mädchen glauben würde oder nicht.
Sie packte Joscelin an den Schultern und zerrte sie von George weg. Geschwächt wie sie selbst bereits war, hatte sie noch immer deutlich mehr Kräfte als ein Mensch und dieses magere Kind erforderte keine besondere Kraft. Außerdem hielt die Kleine still, als ahnte sie Hilfe von Anya und keinen Angriff.
Hastig löste Anya den Knebel und die Fesseln und zerrte Joscelin auf die wackligen Beine. Dann packte sie das Mädchen an den Schultern und sah sie eindringlich an.
"Wir müssen hier weg! Nicht schreien! Du musst absolut leise sein!" Joscelin schien noch unter Schock zu stehen. Ihr Blick war starr und sie zitterte am ganzen Körper, aber hatte offenbar verstanden, denn sie nickte ruckartig.
Anya griff nach der Hand des Mädchens und warf einen letzten Blick auf George, der hustend dabei war auf die Beine zu kommen. Doch es blieb keine Zeit mehr. Entschlossen griff sie nach dem Bündel ihres Umhangs und zog das Mädchen hinter sich her, als die Haustür splitternd den wuchtigen Stößen nachgab.


Sergent Bolard starrte hoch konzentriert auf die Tür. Er hatte einen sehr langen Tag hinter sich, aber erst gegen Abend trudelten die ersten interessanten Meldungen ein. Am spannendsten war aber erst die Aussage einer Hure, die sich um ihren Lohn geprellt fühlte und sehr eifrig berichtete.
Offenbar hatte sich eine neue, allen Frauen unbekannte Prostituierte in die Hafenstraße gestellt und diesen begehrten Freier allen weggeschnappt.
Unter den Huren der Stadt waren die Bezirke klar aufgeteilt. Eine Fremde war nicht gern gesehen, schon gar nicht, wenn sie den alteingesessenen Frauen die Freier vor der Nase wegschnappte. Das führte zu bösem Blut und mehr als einmal hatte es börartige Überfälle auf die fremden Frauen gegeben.
Die Beschreibung der unbekannten Frau war ebenso detailliert wie die des Gesuchten. Das Glück schien sich zu Gunsten des Sergents entschieden zu haben, denn sein Mann konnte wohl auch recht gut zeichnen und schuf eine kleine Skizze von dem Gesicht des Mannes.
Die Beschreibung der fremden Frau war ihm ziemlich egal, auch wenn er selbst Weiber mit blonden Haaren und blauen Augen bevorzugte und zu gerne einmal eine Frau im Bett gehabt hätte, deren Haare bis zum Hintern reichten. Er beauftragte seinen Untergebenen, so viele Skizzen wie möglich zu zeichnen und ließ diese unter seinen Männern verteilen. Erst gegen Mitternacht konnten sie die Spur des Gesuchten bis in die kleine Gasse verfolgen und fanden dank eines Nachbarn, der ihn mehrfach ein und aus gehen gesehen hatte, das Haus.

Während seine Männer gegen die Tür droschen und verlangten, herein gelassen zu werden, betrachtete Bolard aufmerksam die schäbige Front des Hauses. Nur zwei Fenster zeigten zur Straße, ein Obergeschoss gab es nicht.
Hinter einem der Fenster war trotz eines dichten Vorhangs Licht zu sehen, offenbar aus einem Kamin, so wie das Licht flackerte. Er erkannte auch hastige Schattenbewegungen und runzelte die Stirn. Wer immer dort wohnte, schien etwas zu verbergen zu haben und versuchte wohl, Dinge zu verstecken. Eine Flucht aus dem Fenster wäre unsinnig, denn gegen acht bewaffnete Soldaten würde er keine Chance haben.
"Aufbrechen!" befahl er schließlich knapp. Sofort warfen sich zwei Männer mit den Schultern gegen die Tür. Dummerweise war das Holz der Tür frisch und intakt. Man musste gerade vor kurzem eine neue Tür eingesetzt haben, was das Aufbrechen erschwerte. Aber das Schloss würde schon nachgeben.
"Ihr drei bewacht die Fenster!" befahl Sergej seinen Männern und starrte auf das beleuchtete Fenster. Die Schatten dahinter machten nun eher den Eindruck eines Kampfes, was ihn verwirrte. Ganoven hatten bei einer Konfrontation mit dem Gesetz meistens eher gemeinschaftliche Fluchtgedanken und gingen nicht aufeinander los. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Die Männer mussten sich ablösen und es war nicht das Schloss, das nachgab, sondern die Scharniere, die knirschend aus dem Holz brachen. Mit lautem Getöse fielen die Soldaten mitsamt der Tür in den kleinen Flur des Hauses.

1 Kommentar:

  1. Jetzt wird es ja richtig übel. Und ich weiß immer noch nicht, was los ist. *mecker*

    Also vor zwei Fenstern stehen drei Soldaten. Eine geschwächte Anya will mit einer winzigen Joscelin das Haus verlassen.

    George ist übel zugerichtet, aber am Leben.

    Jetzt kommt es darauf an. Kann Anya die Soldatenreihe durchbrechen? Sobald sie erst einmal weg ist, wird man nach ihr nicht mehr suchen. Denn man sucht nach einer Frau, welche Haare bis zum Arsch hat.
    So grausam Georges Maßnahme war, in dieser Sekunde schützt sie Anya vor Verfolgung.

    Was wird Anya mit Joscelin machen? Die Kleine weiß nun von Vampiren. Sie hat Skrupel sie zu töten. Also muss sie sich mit ihr irgendwie einigen. Wie das wohl passieren wird?

    Und wie schnell war Anya nun in ihrer Flucht? Sieht man sie noch verschwinden? Oder sind die Soldaten gar schnell genug?

    Und was ist mit George. Hat Anya ihn so übel zugerichtet, dass er gegen fünf Soldaten keine Chance hat? Das sind ja nun auch keine Weicheier. Und ein Arm ist nun gelähmt. Der Kampf könnte durchaus ernst zu nehmen sein. Und Kraft hin oder her. Wenn er erst einmal in Handschellen steckt und ins Verlies gebracht wird, dürfte das, zumal in seinem Zustand, ein ernstzunehmendes Hindernis darstellen.

    Und vielleicht kann Armand ja in Erfahrung bringen, wo man ihn festhält.

    So - und jetzt hurtig hurtig...

    Liebe Grüße
    Joe

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