Mittwoch, 28. September 2011

Ein dicker Kloß

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

"Mein Handy!", kiekste Nadja plötzlich und unterbrach damit die Stille hinten in der Limousine. Joe sah sie etwas ratlos an. "Was ist mit deinem Handy?" "Es hat im Wagen unter dem Sitz gelegen und ich kam nicht heran. Die Feuerwehrleute haben es mir nicht mitgegeben. Ich hatte es gestern schon im Krankenhaus vermisst, es aber dann doch wieder vergessen." sprudelte es aus Nadja heraus. Joe hatte erst etwas verständnislos geguckt. Dann verstand er schließlich und es wurde ihm auch schlagartig klar, wieso Nadja nicht abgenommen hatte.

"Dann fahren wir doch jetzt gerade bei der Werkstatt vorbei und sammeln es ein.", schlug er vor. Nadja nickte nur. Ihr wurde gerade etwas mulmig. Sie hatte das letzte mal einen Blick auf den Wagen geworfen, kurz bevor sie mit dem Krankenwagen davongefahren war. Doch da war es schon ziemlich dunkel gewesen und nicht viel zu erkennen. Ein wenig graute ihr vor dem, was sie jetzt zu Gesicht bekäme. Der Wagen hatte schon im Dunklen nicht besonders gut ausgesehen.

Die Adresse des Werkstatthofes war schnell recherchiert. Angenehmerweise bedeutete es sogar nur wenig Umweg und so wechselte der Fahrer nur kurz die Richtung und wenig später rollte die Limousine auf den Parkplatz der Werkstatt. Zögerlich ging Nadja auf den Hof. Sie pfiff gerade auf das Problem, dass mit der Öffentlichkeit ihrer Beziehung bestand und hielt seine Hand fest in der ihren. Als sie um eine Ecke bogen sahen sie den Wagen schon. Nadja bekam augenblicklich eine Gänsehaut. Sie waren doch gar nicht so schnell gewesen. Der Golf dagegen sah aus, als wäre er einmal durch den Fleischwolf gedreht worden.

Beide Dachkanten waren leicht eingedrückt. Der Wagen war rundherum mit hässlichen tiefen Schrammen versehen und insgesamt machte es ein wenig den Eindruck, als hätte man den armen Golf mit einer überdimensionalen Zange in der Mitte gepackt und zu kräftig zugedrückt. Die Abdrücke des Mauervorsprungs an dem er die Richtung gewechselt hatte und auch des Pfahls, an dem er schließlich stehengeblieben war, waren deutlich zu sehen. Überall im Wagen hingen weiße Stofflappen herum und zeugten davon wieviele Airbags in der Karosserie versteckt gewesen waren. "Oh Gott.", entfuhr es Nadja und sie blieb stehen. Im Bewusstsein, dass es Nadja und auch Jurina ja soweit wieder gut ging, betrachtete Joe den Wagen mehr fasziniert, als beängstigt.

Ein Mechaniker kam aus dem Werkstattgebäude. "Hi.", begrüßtte er Nadja und Joe recht salopp. "Deiner?", schob er direkt hinterher und deutete auf den Golf. Nadja nickte stumm. "Tjaaa - ich sehe, du hast wohl was am Arm gehabt. Aber ansonsten kannste ja schon wieder laufen. Gute Besserung aber weiterhin, hm?" Nadja nahm sein Geplapper kaum zur Kenntnis. "Mein Handy ist noch da drin.", stammelte sie ein wenig schüchtern. "Wir wollten die persönlichen Sachen alle aus dem Wagen holen.", ergänzte Joe. "Also dein Handy hamwa schon rausgeholt", lachte der Mechaniker. "Dat is uns heut den ganzen Tag auf den Geist gegangen. Da hamwas rausgenommen und ausgeschaltet. Liegt im Büro, geb ich dir gleich. Für den Rest, wollt'er vielleicht ne Tüte haben oder ne Kiste?"

Nadja nickte wieder stumm und sah im wesentlichen zu, wie Joe die Sachen aus dem Wagen entfernte. Nach und nach landeten ihre CDs und auch sonstiger Kram in einer großen Plastiktüte. Der Anblick des Wagens schockte sie einfach noch viel zu sehr. Und die Tatsache, dass sie nun alles, was ihr gehörte hinausräumten zeugte davon, dass sie den Wagen wohl nicht wiedersehen würde. Es kam ihr zwar albern vor für das Auto sentimentale Gefühle zu haben, dennoch konnte sie es nicht verhindern, dass sich ein dicker Kloß in ihrem Hals bildete.

1 Kommentar:

  1. Es ist schon verständlich, dass man da einen Kloß im Hals hat. Schließlich hatte sie den Wagen von Joe bekommen, sein erstes Geschenk an sie quasi. Das verbindet schon unheimlich genau mit diesem Auto und das dürfte ihr sicherlich in diesem Moment klar werden.
    Zudem ist es schon erschreckend, wenn man sieht, in was für einem Wrack man eingeklemmt gewesen ist und wie dankbar man sein kann, da halbwegs heil herausgekommen zu sein. Vielleicht macht sie das ein wenig bewusster, was Verantwortung betrifft.
    Dass Joe eher fasziniert ist, kann ich mir gut vorstellen. Für ihn ist das ein Auto, mehr nicht. Ein schönes zwar, und eines, das beide Mädchen gut geschützt hat, aber ersetzbar. Feiner Zug von ihm. Andere Männer hätten vielleicht nun einen Auftstand gemacht oder zumindest gemosert, dass Frauen einfach nicht fahren können. Was ja auch stimmt. In diesem Fall natürlich nur! ;-)

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