Mittwoch, 17. August 2011

Geoffrey lächelt

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Geoffrey beäugte das Taxi und die aussteigende Jurina kritisch, jedoch ohne dabei seine ausdruckslose Butlermiene zu verlieren. Unangemeldeter Besuch war ihm, wie jedem Butler, ein absoluter Dorn im Auge. Erst recht in Abwesenheit der Herrschaften. Ließ man die Leute hinein und sie waren unerwünscht, so handelte man sich spätestens bei der Rückkehr der Herrschaften Ärger ein. Schickte man dagegen alte Freunde fort, war es ebenso möglich, sich den Unmut zuzuziehen.

Weder Joe noch Nadja hatten für solche Gelegenheiten eindeutige Anweisungen hinterlassen. Also war Geoffrey auf sich allein gestellt. Nadja war keinesfalls zu erreichen. Sie war in der Schule und würde sicherlich nicht an ihr Handy gehen. Und Joe wegen einer solchen Lappalie im Büro zu stören wagte er erst recht nicht. Während er auf das Taxi zuging hatte er Jurina zu Ende gemustert und war zu einer Entscheidung gekommen. Er würde sie im hinteren Salon platzieren und dort bis zum Eintreffen von Nadja bei Laune halten. Wenn Nadja sie nicht sehen wollte konnte sie unbemerkt in ihr Zimmer gehen und er würde die junge Dame eben wieder hinaus komplimentieren. Und wenn Nadja sie sehen wollte, dann hätte er alles richtig gemacht.

"Guten Tag, Miss. Mein Name ist Geoffrey. Ich bin der Butler von Mr. Bernstein", begrüßte er Jurina freundlich und registrierte nun perplex, wie sie um den Wagen herum ging und eine Babyschale von der Rückbank hob. "Guten Tag, Sir.", meinte Jurina gelassen und stellte die Schale behutsam neben sich ab. Mit einem Baby im Schlepptau hatte Geoffrey nicht gerechnet. Ebenso wenig mit einem solch starken Akzent. Er hatte hier also eine Ausländerin vor sich. Wobei das Osteuropäische ihn schon stark an Nadja erinnerte. Er überlegte noch, ob und wie sich das auf seine Entscheidung auswirken sollte, als im gleichen Augenblick der Fahrer bereits einen gewaltigen Koffer aus dem Heck des Fahrzeuges zog. Das war also keine Stippvisite. Die Dame hatte vor zu bleiben. Unwillkürlich presste Geoffrey die Lippen zusammen

Konnten solche Leute sich nicht erst einmal ein Hotel nehmen? Man konnte doch immer noch jederzeit ins Haus eingeladen werden. Wie konnte man denn in einem Privathaus auftauchen und glauben, es sei jederzeit ein Bett für einen gemacht? Zumal sie sich ja offensichtlich seit über einem Jahr nicht hatte sehen lassen. Er seufzte innerlich und entschloss sich aber seinen ursprünglichen Plan fortzusetzen. "Ich heisse Jurina und ich möchte Nadja besuchen.", erklärte sie fröhlich und schüttelte Geoffrey leger die Hand. "Ihr Besuch kommt sehr überraschend.", wiegelte er ersteinmal ab, "Leider muss ich mitteilen, dass Miss Nadja derzeit nicht im Haus ist."

Vielleicht genügte das ja schon um den Besuch zu verscheuchen. Vielleicht kam sie ja von allein auf die Idee, dass es angebracht wäre draußen zu warten. Allerdings wollte er sie mit dem Baby keinesfalls mutwillig an die Luft setzen. "Wann kommt sie denn wieder? Ich würde gerne auf sie warten. Wenn es sein muss auch hier auf der Treppe am Eingang.", erklärte Jurina gelassen. Geoffrey konnte nur mit Mühe ein Augenrollen verhindern. "Natürlich brauchen Sie nicht auf der Treppe zu warten. Miss Nadja kehrt für gewöhnlich gegen vier Uhr zurück." Jurina sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei. Also konnte es ja so lange nicht mehr dauern.

"32,50.", unterbrach der Fahrer etwas genervt die Unterhaltung. Er hatte den Koffer neben die Babyschale gestellt und lehnte nun wieder an der Fahrertüre seines Wagens. "Entschuldigung.", sagte Jurina fröhlich und kramte ihren Geldbeutel aus der Handtasche. Sie zählte 40 Dollar ab und drückte sie dem Fahrer in die Hand. Nachdem der sich bedankt hatte, rauschte er schnell ab. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kam, ihm den Fahrgast wieder zurück in den Wagen zu schicken.

"Sie können gern hereinkommen und warten, Miss.", erklärte Geoffrey nun und überlegte, ob er das Baby wohl als Gepäckstück sehen sollte und es hineintragen, oder ob die junge Frau das selbst machen würde. "Nennen Sie mich doch Jurina.", erklärte sie freundlich. "Gewiss.", antwortete Geoffrey und registrierte erleichtert, wie Jurina die Babyschale aufhob. Jetzt trumpfte er schnell damit auf, dass er, wie selbstverständlich den Koffer nahm und geleitete sie freundlich ins Haus. Den Koffer platzierte er im Garderobenraum neben der Eingangshalle und deutete dann auf die Türe zum hinteren Teil des Hauses. "Wenn Sie dann im Salon Platz nehmen möchten?", geleitete er Jurina in den gemütlich eingerichteten Raum mit Blick auf den Garten.

Jurina war vollauf damit beschäftigt sich umzusehen. Auf Arramoa herrschte ja auch schon ein ziemlicher Luxus. Und in den Hotels, in denen sie seitdem Urlaub gemacht hatte, war es nicht weniger edel zugegangen. Aber die Großzügigkeit dieses Hauses, in dem ja nach ihren Informationen nur Joe und Nadja lebten, überraschte sie dann doch. "Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Einen Kaffee?", schlug Geoffrey vor. Jurina ließ sich fast etwas unsicher auf einem der gemütlichen Sofas nieder und stellte das Baby vor sich ab. "Nur etwas Wasser.", lächelte Jurina und hob ihre kleine Tochter aus der Schale und legte sie sich in den Arm. Geoffreys ewig steife Miene wurde von einem Lächeln zum Schmelzen gebracht. Das Baby war ungewöhnlich süß.

1 Kommentar:

  1. Irgendwie sind alle Babies ungewöhnlich süß, besonders, wenn sie einen dann zahn- und arglos anlächeln. Und bei Geoffrey scheint das Kindchenschema voll zu greifen.
    Und zudem scheint Geoffrey die gleichen Probleme zu haben wie viele Männer: "Ich fass das nicht an, das könnte kaputt gehen." :D
    Tochter also. Klar, wie konnte ich nur vergessen, dass die Arramoa-Hormone nichts anderes zulassen.
    Bin mal gespannt, ob Nadja Geoffrey noch losschicken wird, um ein Babybett und Spielsachen zu besorgen. Wickeltisch fehlt noch *grins*
    Nadja dürfte ausrasten vor Freude. Hoff ich!

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.