Dienstag, 19. Juli 2011

Noctambule II: Nackte Tatsachen

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Anya stierte nachdenklich an die Decke ihres Zimmers. Sie hatte sich nach Lucias Besuch in den Schlaf geweint und lag nun seit einer Stunde reglos im Bett. Ihre Gedanken überstürzten sich. Zu gerne hätte sie sich gemeinsam mit Armand auf das Kind gefreut und mehrere Male war ihre Hand zu ihrem Bauch gewandert, als könne sie das Kind bereits fühlen oder wenigstens streicheln.

Armand hatte ihr gesagt, dass weder er noch George Kinder zeugen konnten. Er war absolut überzeugt davon. Aber die Tatsache, dass sie schwanger war, konnte niemand mehr verleugnen. Wenn Armand Unrecht hatte, waren wieder er oder George die möglichen Väter. Sie wünschte sich nichts mehr, als dass Armand das Kind gezeugt hätte. Aber dieser schien ja sicher zu sein, es nicht zu können. Der Gedanke, ein Kind von George auszutragen, ließ ihre Hand jedes Mal von ihren Bauch zurück zucken und ihr Gesicht verzog sich vor Ekel.
Das Kind aber konnte nichts dafür, wer es gezeugt hatte. Verzweifelt kämpfte sie darum, gerecht zu bleiben und Freude auf das Kind zu verspüren. Es wollte einfach nicht gelingen. Immer wieder sah sie den tieftraurigen, verletzten Blick Armands bevor er sich von ihr abgewandt hatte und schon wurde der Kloß in ihrem Hals wieder dicker.

Lucia hatte ihr zu gesunder Ernährung geraten. Sie war sehr besorgt über ihre Blässe gewesen und verordnete ihr tägliche Spaziergänge an der frischen Luft. Stärkende Suppen, Obst und Gemüse sollten auf ihrem Speiseplan stehen, hatte Lucia verlangt. Anyas Lächeln war wölfisch böse. Sie würde ihre Spaziergänge an der frischen Luft haben, allerdings nicht, um Tageslicht zu genießen. Und sie würde auch ihre gesunde Ernährung haben, nur dass sie sich deutlich von der unterschied, die Lucia vorschwebte.
Damit aber öffnete sich ein ganz neues Problem. In Anya reifte Leben heran und sie sollte nun Leben auslöschen, um dieses Kind wachsen und gedeihen zu lassen? Dieses Paradoxon wollte ihr einfach nicht schmecken.
Ihr wachsender Hunger hatte sie auch dazu gebracht, Lucia mit einer gewissen Gier zu betrachten. Aber die alte Frau war nicht das richtige. Immer besser konnte sie bereits am Geruch erkennen, ob ein Mensch alt oder krank war. Bei Lucia traf beides zu und außerdem hätte sie die alte Frau verschwinden lassen müssen. Nein, in diesem Haus war es unmöglich. Und nun kamen auch noch ihre neuen Skrupel dazu.
Ihre Gedanken drifteten wieder zu Armand. Ob er sie überhaupt vermisste? Dass er sie nicht suchen würde, war für sie glasklar. Wahrscheinlich war auch Sergej nun von ihrer Situation informiert. Anya ging davon aus, dass Sergej die Meinung seines Freundes Armand teilen würde. Die beiden Männer würden ihr altes Herumtreiberleben wieder aufnehmen und irgendwann würde Armand wieder eine Frau finden, der er ein Halsband anbieten würde.

Ihre Hand fuhr zu ihrem Halsband und sie strich über das glatte Leder. Eigentlich könnte sie es nun abnehmen, aber der Gedanke, es nicht mehr zu fühlen, löste tiefes Widerstreben aus. Seufzend setzte sie sich schließlich auf und rieb mit beiden Händen über ihr Gesicht, um die Trägheit zu vertreiben, die das lange Liegen ausgelöst hatte. Dann stand sie auf und zog das weiche Nachthemd aus, das Madame Dubrés ihr zur Verfügung gestellt hatte.

Stumm stand sie vor dem langen Spiegel und betrachtete ihren nackten Körper. Ihre Brüste waren voll und rund. Als sie sich seitlich drehte, konnte sie keine Veränderung an ihrem flachen Bauch erkennen. Sicher war es noch zu früh. Aber sie wölbte ihren Bauch dennoch vor, so weit es ging, um eine Vorstellung zu bekommen, wie sie in einigen Monaten aussehen würde.
Nun seufzte sie doch auf und stellte sich wieder aufrecht hin.
Mit einem liebevollen Vater an ihrer Seite hätte sie sich über das Kind und auch über ihre körperlichen Veränderungen vielleicht freuen können. Sie zuckte zusammen, als es an ihrer Tür klopfte. Hastig und so schnell, dass Madame Dubrés bei ihrem Eintreten überhaupt nichts wahrnehmen konnte, schlüpfte sie wieder unter die Bettdecke und zog sie so hoch, dass ihre nackten Schultern bedeckt waren.

2 Kommentare:

  1. Da verliert sich die arme Anya in pränatalen Depressionen. Noch bevor sie wirklich erfasst hat, was es bedeutet. Jetzt lass sie doch mal rausfinden, dass Armand sich geirrt hat!

    Anya hat also Lucia aus Berechnung heraus nicht getötet. Interessant, dass sie bereits so weit ist. Sie hat wirklich schnell gelernt. Aber wie kommt sie aus dem Haus heraus um einen nächtlichen Jagd- und Beutezug zu unternehmen? Das sollte doch nun wirklich kein Problem sein.

    Wer klopft denn da nächtens bei der schwangeren an die Türe? Hoffentlich Armand... Ach was, der würde nicht Klopfen.

    Ich bin sicher auch er würde ihre Körperlichen Veränderungen mit Wonne genießen. Umso mehr seit er weiss, dass das Kind von ihm sein muss.

    Anya muss dringend aus diesem Haus heraus. Dort versinkt sie nur weiter in Depressionen. Der Hauch einer guten Nachricht würde für sie schon reichen. Vielleicht, dass Miriam lebt... Irgendetwas gutes hat die kleine sich jetzt doch verdient.

    Liebe Grüße
    Joe

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  2. Spannung :) Ich komm seit 1 Stunde nicht mehr aus dem Lesen raus ;) C.H.

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