Freitag, 3. Juni 2011

Verschwinde

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Fassungslos schaute Joe seine Mutter an. "Du verdienst selbst fast genauso viel wie Papa. Und außerdem hat der Ring mit dem Unterhalt nichts zu tun." Er hatte Mühe nicht vor Wut zu schnauben. Wie kam sie auf die Idee den Unterhalt zur Vorraussetzung zu machen dafür ob sie etwas zurückgab, was ihr nicht gehörte. "Wofür brauchst du ihn überhaupt?" schnaubte Eleonore weiter. Joe zuckte die Schultern. "Was denkst du wohl? Für eine Verlobung.", meinte er gelassen in seinem Kopf reifte eine Idee.

"Mit wem?", hakte seine Mutter nach. Joe blieb ruhig. "Mit Nadja. Wir leben mittlerweile ein Jahr zusammen und ich möchte ihr einen vernünftigen Antrag machen. Und dafür will ich den Verlobungsring meiner Familie haben." Er nickte zur Bestätigung. "Dann sag Papa, er soll mir meinen Unterhalt auszahlen. Dann schicke ich ihn dir.", meinte sie jetzt ruhig. Doch Joe rührte sich nicht. "Nein. Du gibst ihn mir jetzt.", forderte er. Gerade eben hatte er noch laut werden wollen und hätte sich auf eine wilde Diskussion eingelassen. Er hatte sogar kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt ihr das Geld für den Ring zu geben. Doch jetzt grinste er stattdessen und lehnte sich zurück.

"Du wirst ihn nicht bekommen.", mahnte Eleonore eindringlich. Joe nickte nur und legte jetzt dreist die Füße auf den Tisch. Seine Mutter hasste das. Füße auf dem elterlichen Wohnzimmertisch waren immer für einen Streit gut gewesen. Er rückte im Sofa nochmal bequem zurecht und sah sie gewinnend an. "Ich gehe hier nicht weg, ehe ich den Ring habe." Nun war Eleonore geschockt. "Ich werde in einer halben Stunde abgeholt.", meinte sie etwas kläglich. "Genug Zeit, den Ring rauszusuchen und mir zu geben. Ich würde wetten, du weisst genau, wo er ist!", sagte Joe gelassen und streckte sich noch ein wenig und schob dabei die Füße über den Tisch. "Nimm jetzt die Füße runter.", fauchte Eleonore.

"Ring...", meinte Joe nur. Er formte einen Ring aus Daumen und Zeigefinger und strich damit über seinen Ringfinger. Die Obszönität der Geste war ihm durchaus bewusst. Aber jetzt wollte er seine Mutter nur noch provozieren. Sie hatte den Ring gestohlen und war gerade dabei ihn um eine Erfahrung zu prellen, von welcher er schon als Kind immer geträumt hatte. "Du glaubst du kannst mich erpressen?" Seine Mutter war aufgesprungen und der Blick den sie ihm zuwarf hätte ihn in seiner Kindheit in jeder Sekunde einknicken lassen. Doch diese Zeiten waren vorbei. Spätestens seit sie die Ehe mit seinem Vater einfach weggeworfen hatte und auch die spärlichen Besuche aus seinem Leben verschwunden waren, hatte Joe die Achtung vor ihr verloren.

"Du glaubst, du kannst mich darum bringen meiner zukünftigen Frau den Ring meiner Familie zu geben?", lachte Joe sie aus. Eleonore sah auf die Uhr. Noch 25 Minuten bis Garry kam. Wenn er, wie meistens, etwas zu früh dran war, waren es sogar nur noch 20 Minuten. Und Joe machte keine Anstalten sich zu bewegen. Er zog ein Smartphone aus der Tasche und begann auf dem Display herumzutippen. "Oh, ehe du dich wunderst, ich habe ein komplettes Büro dabei. Ich kann die Arbeit der nächsten Woche hier machen." Er grinste hämisch und deutete auf seine Laptoptasche, die er neben die Türe gestellt hatte. "Oh, du hast ja sogar WLAN, wie praktisch.", lachte er und tippte nun weiter auf dem Smartphone.

Eleonore betrachtete ihren Sohn. Wutschnaubend sah sie ihn an, wie er da saß mit den Füßen auf dem Tisch und seiner gelassenen Art. Er reagierte nichteinmal auf ihre Forderung und schon gar nicht ließ er sich von ihrem Zorn beeindrucken. "Verschwinde.", fauchte sie ihn ein letztes mal an. Doch Joe sah nicht einmal hoch. Er formte nur noch einmal aus Daumen und Zeigefinger den Ring und widmete sich dann wieder seinem Smartphone.

3 Kommentare:

  1. Ich schmeiß mich hier weg vor Lachen. Du hast das so bildlich beschrieben, dass ich die ganze Szene vor mir sehen kann :D

    Da kann man mal sehen, was Liebe bewirken kann. Bei Joe ist wohl gerade etwas aufgewacht, hm? Wahrscheinlich ist er froh, eine Anzugjacke anzuhaben (was ich einfach vermute, weil man in seine Job immer sowas trägt) und man nicht sehen kann, dass er vor Aufregung über seine eigene Dreistigkeit schwitzt.

    Dass Eleonore noch fragen muss, wofür er ihn braucht, erstaunt mich dann doch. Es interessiert sie doch gar nicht? Und es ist doch logisch wofür er ihn braucht, immerhin ist es ja der Verlobungsring der Familie. Will sie Zeit schinden? Dabei läuft ihr die Zeit doch davon! So, wie ich in den kurzen Kapiteln Gary einschätzen kann, ist der nämlich überhaupt nicht an Familienstreitigkeiten oder gar Kindern (egal wie erwachsen) interessiert.

    Ich erwarte jetzt aber schon, dass Eleonore nachgibt und ihm den Ring gibt. Sie wird Gift und Galle spucken, aber wehe Joe lädt sie zur Hochzeit ein! Dann bin ich beleidigt!

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  2. Ne find ich gut weil grad sieht er ja nicht seine mum vor sich, die hat ihn ja mehr als enttäuscht, sondern lediglich einen geschäftspartner, der sich was angeeignet hat was joe zusteht und da kann er ja knall hart sein, weil wie sollte er sonst so erfolgreich in der geschäftsawelt sein...das ist eben mal eine von joe´s stärken, die da grade beschrieben werden.

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  3. Ja! Das find ich klasse! Endlich kommt er mal aus sich raus! Bislang schien es mir, das er irgendwie ein "Softie" is. Aber so kommt er gleich... männlicher rüber! C.H.

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