Montag, 27. Juni 2011

Noctambule II: Wie Frauen so sind...

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule Band Zwei. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule II

Als die Dämmerung hereinbrach, hob Armand den Kopf. Seit Stunden war das seine erste Bewegung. Neben ihm hing Sergej im letzten unzerstörten Sessel, den Kopf nach hinten auf die Rücklehne gekippt und schnarchte mit offenem Mund.
Armands Mundwinkel zuckten in einem kurzen Grinsen. Er war froh, dass Maurice nicht wieder herein gekommen war. Er hätte bei Sergejs prachtvollen Reißzähnen wahrscheinlich an seinem eigenen Verstand gezweifelt.

Unruhig hob Armand sich vom Sofa und trat ans Fenster. Die Bewegung weckte Sergej, der mit schnappendem Einatmen den Kopf hob und mühsam ein Auge öffnete.
"Wie spät ist es?" murmelte er und richtete sich verschlafen auf. Armand blickte weiter nach draußen. Sein feines Gehör hatte schon vor Sergejs Jappsen wahrgenommen, dass er wach wurde.
"Es wird dunkel." Meinte er knapp. Sergej fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und wuschelte sie durch, um wacher zu werden.
"Ist sie wieder da?" Armand hatte diese Frage befürchtet. Die Antwort auszusprechen war die endgültige Klarheit, dass er sich den Tatsachen stellen musste. Anya blieb verschwunden.
"Nein." Sergej erhob sich und richtete seine Kleidung. Die Antwort seines Freundes hatte die letzte verschlafene Trägheit verscheucht.
"Gut. Dann los." Armand drehte sich mit erhobener Braue zu ihm um.
"Und wohin? Wo sollen wir suchen?" Sergej breitete etwas ungeduldig die Arme aus.
"Na, bei Miriam natürlich. Du hast doch Maurice gehört. Und das ist gar nicht unwahrscheinlich. Du weißt doch, wie Frauen sind." Er verdrehte leicht die Augen. Armand verzog sein Gesicht zu einem schmerzlichen Grinsen.
"Anscheinend nicht." gab er zu.
"Die müssen bei Liebeskummer mit einer anderen Frau reden. Die Beiden sind doch miteinander befreundet." half Sergej nach. Das leuchtete ein. Das würde auch die Länge ihres Fernbleibens erklären.
Armand nickte entschlossen und zupfte sein Halstuch zurecht.
"Ich hole meinen Mantel." verkündete er und verließ zügig das Zimmer. Auch Sergej ging los und nickte im Vorbeigehen Maurice zu, der in der Küche bei einem Teller Suppe saß. Maurice wirkte erfreut darüber, dass die Beiden endlich das zerstörte Wohnzimmer verließen. So hatte er endlich Zeit und Gelegenheit, dort wieder Ordnung zu schaffen. Diese Unordnung ging ihm momentan massiv gegen seine Berufsehre.

Armand und Sergej liefen im Schulterschluss. Sie hielten ihr hohes Tempo bis sie die Stadtgrenze erreicht hatten. Auch danach blieben sie schnell, verringerten jedoch ihr Tempo jedes Mal, wenn sie eine belebtere Straße erreichten.
Armand hatte nicht weiter bei Sergej über sein Verhältnis zu Miriam nachgefragt. Das Wichtigste war geklärt. Er hatte mit dem Mädchen geschlafen, fand offenbar mehr Gefallen an ihr und plante eine gemeinsame Zukunft. Damit war für ihn alles gesagt und mehr interessierte ihn definitiv nicht. Das mussten die Beiden selbst unter sich ausmachen oder besser: das musste Sergej auf seine Weise lösen.
Er vermisste Anya und wollte sie zurück haben. Ihre Flucht besorgte ihn massiv, doch sie verärgerte ihn auch. Immerhin trug sie womöglich wirklich sein Kind und brauchte Schutz. Dass er sich überwiegend über sich selbst ärgerte, begann er mit jedem Schritt zu verdrängen.
Sie erreichten das Haus des Comtes und blieben verwirrt im Schatten des gegenüberliegenden Hauses stehen. Das untere Stockwerk war hell erleuchtet. Im oberen Stock waren lediglich zwei Fenster erhellt, eines allerdings sehr gedämpft. Sergej deutete auf das hellere Zimmer im Obergeschoss.
"Das ist Miriams Zimmer." meinte er. Armand nickte nur knapp und überlegte.
"Ich denke nicht, dass wir den Haupteingang nehmen sollten." murmelte er und tastete mit den Augen die Hausfassade ab, um einen Weg zum Klettern zu finden. Das Obergeschoss zu erreichen, dürfte kein Problem sein.
"Ich schlage vor, dass ich erst einmal alleine hoch gehe." meinte Sergej. Armand presste die Lippen zusammen. Aber er stimmte schließlich mit einem weiteren Nicken zu. Sergejs Plan machte Sinn. Zwei Kletterer würden schneller auffallen als einer. Und Miriam würde möglicherweise auch nicht verstehen, was Armand in ihrem Zimmer zu suchen hatte, wenn Anya gar nicht bei ihr war. Es passte ihm zwar nicht, Sergej die Handlung zu überlassen, aber er musste sich wohl den Gegebenheiten fügen.

1 Kommentar:

  1. Sergej der alte Lüstling will erstmal allein hoch :) Vielleicht ein paar Küsse von der Miss klauen und dann nach Armand rufen.

    Aber die zwei werden sich wundern. Wenn man die Vordertüre nähme würde sogar sicher auffallen, in was man dort hineinplatzt. Aber wer durch Fenster steigt wird sicherlich in unangenehme Situationen kommen.

    Fragt sich auch noch, wie gut Miriam eigentlich den Tod ihres Papas verwunden hat.

    Liebe Grüße

    Joe

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