Samstag, 25. Dezember 2010

Noctambule: Missverständnis

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

"Meine Schwester also." seine dunkle, volle Stimme war leise aber fest und sie glaubte einen strengen Unterton zu hören. Eine Gänsehaut lief über ihren Rücken. Sie nickte zaghaft und wagte einen schnellen Blick zu ihm hinauf in sein blasses Gesicht. Aber sie konnte darin keine Regung erkennen. Weder Zorn noch Zuneigung. Sein Gesicht war wie so oft einfach nur konzentriert ernst, seine Augen funkelten lauernd und wenn überhaupt konnte sie leichte Neugier erkennen, die wohl darauf gerichtet war, wie sie reagieren würde.
"Das war nicht meine Idee, Herr." hauchte sie und wusste doch gleichzeitig, dass sie damit die Verantwortung nicht weitergeben konnte an Miriam. Schließlich hatte sie zugestimmt.


"Und dennoch giltst du bereits überall als meine Schwester. Ist mir das Recht?" Anya schluckte. Wenn er schon so fragte, dann war es ihm offensichtlich nicht Recht. Sie befeuchtete ihre Lippen.
"Ich hoffte es, Herr. Du.. hast nie nachgefragt. Ich dachte, es ist dir egal." In ihrer Stimme klang die leise Traurigkeit darüber mit, dass sie genau diese Gleichgültigkeit von ihm gespürt hatte. Armand schwieg eine Weile. Dann ging er wieder langsam um sie herum. Auch dieses Mal berührte er sie nicht.
"Nichts, was dich betrifft, ist mir egal, kleine Anya." Seine Stimme war ruhig, fast sanft. Anya wagte einen schnellen Blick zu ihm hoch. "Ich hätte es nur gerne von dir selbst erfahren." Der Vorwurf ließ sie beschämt den Blick senken. Er hatte Recht. Sie hätte ihm von sich aus davon berichten müssen. Sie hätte seine Erlaubnis zu dieser Lügengeschichte einholen müssen und hatte ihn der Gefahr ausgesetzt sich durch eine überraschre Reaktion in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen.
"Verzeih bitte. Ich habe einen Fehler gemacht." hauchte sie verstört. Sie wartete erneut lange auf eine Antwort und sehnte sich nach einer Berührung von ihm. Ihr wurde bewusst, dass sie es nicht ertragen konnte, von ihm abgewiesen zu werden. Die Unsicherheit beschleunigte ihren Puls weiter.
"Sollte ich nicht nun endlich deine gesamte Geschichte erfahren?" Seine Stimme war noch immer sanft. Aber gerade diese Sanftheit verschlimmerte die Lage für Anya noch mehr. Ihr wäre sogar sein Zorn nun lieber gewesen, als dieses unterschwellige Lauern von ihm. Stammelnd begann sie zu berichten.
"Ich …bin deine verwitwete Schwester. Mein Mann starb an einem Fieber kurz nach der Hochzeit. Und.. weil unsere Eltern nicht mehr leben, bin ich als deine mittellose Schwester wieder in deiner Obhut gelandet." Anya fasste nur kurz zusammen, was Miriams lebhafte Fantasie bereits entwickelt hatte.
"Ich hätte es berichten sollen. Es war falsch von mir, nicht vorher zu fragen." sie biss sich auf die Unterlippe. Sogar in ihren Ohren klang dieser Plan jetzt nach einer kindisch-romantischen Jungmädchenfantasie.
"In der Tat. Ein großer Fehler. Genau genommen mehr als nur ein Fehler." Anyas Atem stockte kurz und sie runzelte verwirrt die Stirn. Sie wagte nicht, noch einmal aufzusehen und suchte verzweifelt nach dem zweiten Fehler.
"Du hast nicht nur einfach über meinen Kopf hinweg eine Entscheidung getroffen, die auch mich betrifft." begann Armand. "Ich hatte dich dem Comte als Mademoiselle Sanisoise vorgestellt. Als Bruder sollte ich doch von deiner Ehe wissen und dich Madame nennen, meinst du nicht? Zumal ich seine Frage nach unserer Beziehung abgeblockt habe. Warum sollte ich meine Schwester verleugnen? Du hast mich als albernen Trottel hingestellt, Anya." Ein leises Knurren schwang bei dem letzten Satz mit. Anya lief es heiß und kalt den Rücken herunter. Sie hatte diese Szene völlig vergessen! Ihre Wangen brannten vor Scham über ihre eigene Dummheit, die nun auch noch Armand verletzt hatte.
"Ich.." sie stockte. Ihr fiel einfach keine passende Antwort ein, die nun noch glaubhaft sein würde. Mühsam schluckte sie an den Tränen, die aufzusteigen drohten. Armand hatte in Miriams Gegenwart mit keiner Wimper gezuckt, obwohl er sich da schon wie ein Tölpel gefühlt haben musste. Er hatte sie nicht weiter bloß gestellt, um sich selbst vor Miriam reinzuwaschen, sondern einfach geschwiegen. Und sie hatte in ihrer dummen Naivität nicht ein einziges Mal daran gedacht, ihm von allem zu berichten und seinen Segen zu dieser Geschichte abzuwarten. Würde er ihr das jemals verzeihen? Würde er ihr überhaupt glauben, dass sie nicht mit böser Absicht gehandelt hatte?
Ein heftiger Schmerz riss sie aus ihren Gedanken, als Armands Finger sich in ihre Haare gruben, sie bündelten, er den Schopf mehrfach um sein Handgelenk wickelte und sie dann grob daran auf die Füße zerrte. Mit einem Schmerzlaut stellt sie sich auf die Zehen und zwang sich, die Hände im Nacken zu behalten. Ihr Gesicht war vor Schreck, Schmerz und Angst verzerrt und noch immer wich sie seinem Blick aus.
"Ihr Frauen glaubt immer, mich mit euren Intrigen und Lügengeschichten zum Einfaltspinsel machen zu müssen!" zischte er in ihr Ohr. Wimmernd versuchte Anya den Kopf zu schütteln. Nein!! So war das nicht! Er verstand sie falsch! Aber sie brachte keinen Ton heraus.

2 Kommentare:

  1. Hallo Kay Gee,

    mein Freund hat mir dein Buch zu Weihnachten geschenkt. Er hat alle bisherigen Teile von Noctambule ausgedruckt. Dann hatte er das Titelblatt schön davorgeheftet und alles mit Geschenkband zusammengebunden. Ich habe es gestern Abend noch durchgelesen.

    Das Buch ist der Hammer!

    Ich hasse diese Twilight-Vampire. Das hatte ich meinem Freund mal gesagt und er war auf diesen Blog gestoßen und fand die Vampirgeschichte spannend. Da hat er sie mir ausgedruckt (Ich lese eigentlich keine Blogs und hasse es überhaupt am Bildschirm zu lesen) um mir zu zeigen, dass es nicht nur "schwule" Vampire gibt.

    Das "Buch" war natürlich nicht sein einziges Geschenk zu Weihnachten. Aber es war das Beste.

    In Zukunft werd ich meine Bildschirmlesefähigkeiten etwas trainieren und möglichst oft deine Geschichte weiterlesen! Ich bin megagespannt, wie das noch alles ausgeht. Wenn du das Buch einmal auf Papier herausbringst, werde ich es mir defintiv kaufen!

    Ist es schlimm, wenn ich dir sage, dass George meine Lieblingsfigur ist? Ich find solche Schnösel total interessant! Kommt von ihm noch mehr? Bitte!

    Frohe Weihnachten, wünsche ich dir.
    Ich danke dir für dieses wunderbare Geschenk. Auch wenn mein Freund es ausgedruckt hat, die eigentliche Arbeit hattest du. :)

    Ganz liebe Grüße
    Angelina

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  2. Hallo Angelina,

    Ich freue mich natürlich sehr, dass ich deinem Freund (und damit dir) so ein schönes Weihnachten bescheren konnte und kann dir versichern, dass noch viel mehr kommt. Auch von George ;-)
    Ich bin gespannt, ob du ihn weiterhin mögen wirst *schmunzel*
    Der erste Teil meiner Geschichte umfasst 750 Buchseiten. Der zweite Teil ist bereits in Arbeit.
    Dein Weihnachtsgeschenk an mich war dein Beitrag, denn davon leben Autoren in Blogs nun einmal und es ist reinste Motivation. So bist zum Beispiel du die Erste, die George mag. Für mich sehr interessant.
    Ich mag den Kerl übrigens auch. Aber verrat es keinem ;-)

    Liebe Grüße und viel Spaß beim weiteren Lesen.

    Kay Gee

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