Dienstag, 28. Dezember 2010

Nichteinmal ein 'Guten Morgen'

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Fassungslos starrte Joe auf seinen TabletPC. Dieser Tag fing einfach nicht gut an. Schon gestern Abend war Nadja nicht wirklich gut gelaunt gewesen und wollte nicht recht damit herausrücken warum. Aber sie war mit Mary bei dem Mädchen gewesen, dass wohl auch irgendwie mit diesem Sebastian Schwierigkeiten gehabt hatte. Für heute hatte sie sich einen Termin mit dem Anwalt ausgebeten. Außerdem hatte sie irgendetwas davon gefaselt, dass Martin von diesem Sebastian in den Garten geschickt worden war. All das war irgendwie lästig und unverständlich.

Heute Morgen hatte er gewohnheitsmäßig auf dem Weg zur Arbeit in den verschiedenen Onlineportalen die Nachrichten gelesen. Zuletzt war er beim Seattle Intelligencer angekommen. Wut kochte in ihm hoch. Dieser Martin hatte es doch geschafft Fotos mitzunehmen. Und er hatte sie auch noch veröffentlicht, zusammen mit einem Artikel, der zwar unsachlich geschrieben war, aber ziemlich präzsise die Beziehung zwischen ihm und Nadja wiedergab.

Als die Limousine vor dem Firmengebäude hielt schaute er sich kurz um, dann sprang er förmlich hinaus und schoss durch die Lobby direkt in den Aufzug und fuhr nach oben. Ihm war abwechselnd heiß und kalt. Sicherlich war immer irgendwie klar gewesen, dass soetwas passieren könnte, doch jetzt wo ein Artikel real vor seinen Augen auftauchte, krampfte sich sein Magen übel zusammen.

"Schicken sie Grant zu mir. Sofort!", verlangte er ohne Morgengruß von seiner Sekretärin und ging ohne stehenzubleiben direkt durch in sein Büro. "Sehr wohl, Sir!", rief ihm Brenda noch hinterher, doch da war die Bürotüre schon geschlossen. Etwas verstört blieb Brenda auf ihrem Platz sitzen und rief dann Grant herauf. Wenige Minuten später verschwand der Anwalt im Büro von Joe und wieder wurde die Türe geschlossen. Brenda machte gewohnheitsmäßig Kaffee und Cola fertig, so wie die beiden es eigentlich immer tranken, wenn sie etwas zu besprechen hatten, doch nichts davon wurde abgerufen. Die Türe blieb zu.


Martin saß vor seinem PC und hatte Gänsehaut auf dem Rücken. Er hatte seinen Artikel an acht Zeitungsredaktionen geschickt. Sechs davon waren überregional orientiert. Genau diese Sechs hatten ihm allerdings auch noch in der Nacht Absagen geschickt. Doch das war ihm herzlich egal. Die Seattle Times hatte noch gar nicht reagiert und der Intelligencer hatte ihm um 05:38 eine E-Mail geschickt, mit der Zusage, er werde einen Scheck erhalten. Um 05:40 war der Artikel, wenn auch stark verkürzt und deutlich umgeschrieben, im Nachrichtenportal veröffentlicht. Ein ungekannter Stolz ließ seine Brust schwellen. Immer wieder las er das, was der Redakteur des Intelligencers aus seinem Artikel gemacht hatte. Und mit jedem Mal gefiel es ihm besser. Er war um 500 Dollar reicher und der Auftrag von Sebastian war erfüllt. Für diese Aktion musste er ihm aber mindestens drei Dates beschaffen.


Um kurz vor acht Uhr stand ein freundlicher junger Mann vor dem Tresen, hinter welchem Brenda saß und Joes Büro bewachte. Er war mithilfe seines Charmes am Pförtner vorbei gekommen und lächelte nun auch Brenda gewinnend an. "Guten Morgen Brenda.", lächelte er sanft.
Brenda war längst deutlich zu abgeklärt um sich davon beeindrucken zu lassen, dass jemand ihren Namen kannte. Aber dieser Mann hatte etwas so freundliches im Blick, dass sie ihr scharfes Bellen vergaß, was sie sonst zurückzugeben pflegte, wenn jemand unangemeldet am Büro des Chefs auftauchte. Sie musterte den jungen Mann. Er war unauffällig aber geschmackvoll gekleidet. Er trug eine blaue Jeans und ein dezent gemustertes Hemd, welches er nicht in die Hose gesteckt hatte. An der Tasche des Hemdes war ein Besucherausweis befestigt. Zur Belegschaft gehörte er also nicht. "Guten Morgen. Wie ist ihr Name bitte?", fand Brenda nun doch ihre Fassung wieder.

"Ich heiße Aaron Buckler.", gab er höflich zurück. Brenda stutzte kurz. Normalerweise konnten Leute es gar nicht eilig genug haben, vorzutragen, dass sie ja absolut notwendigerweise und sofort zum Chef müssten. Doch dieser junge Man blieb geduldig. Aaron war überrascht gewesen, hier nicht bereits eine Heerschar von Reportern vorzufinden. Auch das Telefon klingelte nicht. Offensichtlich war er früh dran. Das galt es auszunutzen. Man konnte höflich bleiben. "Was kann ich denn für Sie tun, Mr. Buckler?", fragte Brenda höflich.

"Ich wollte mich einfach mal vorstellen. Ich komme von der Seattle Times und ich würde gerne, wenn auch nur ein paar Minuten, mit ihrem Chef, Mr. Bernstein, sprechen." Brendas Lächeln gefror. Ein Presseheini wagte es, hier unangemeldet aufzutauchen. "Ich bin sicher, er ist daran interessiert, mir seine Sichtweise der Dinge zu schildern. Wir von der Times jedenfalls sind davon überzeugt, dass die Fotos Fälschungen sind.", setzte er nach. Brenda runzelte die Stirn. Was hatte das nun zu bedeuten? Was für Fotos?

1 Kommentar:

  1. Es mag wohl prickelnd sein, etwas halb verbotenes oder zumindest anrüchiges zu tun mit dem Wissen, dass es niemand weiß. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn plötzlich die gefühlte halbe Welt davon erfährt und man als seriöser Chef den Boden unter den Füßen zu verlieren glaubt.

    Armer Joe. Bin gespannt, wie er da raus findet.

    AntwortenLöschen

Bitte beim Kommentieren höflich bleiben. Es gibt hier die Möglichkeit Anonym zu kommentieren, aber denke bitte kurz nach ob du das wirklich möchtest. Unterzeichne deinen Kommentar doch mit einem Pseudonym oder deinen Initialen, dass man weiß, welche Kommentare alle von dir sind. Oder noch besser, du nutzt nicht die Auswahl "Anonym" sondern "Name/URL" und lässt das Feld für die URL einfach frei. Dann wird dein Kommentar mit deinem selbst gewählten Namen angezeigt.

Vielen Dank.