Donnerstag, 9. Dezember 2010

Adventskalender 9 - Weihnachten auf Arramoa

Dies ist das 9. Kapitel meiner Adventsgeschichte. Ein Inhaltsverzeichnis findet ihr hier: Adventskalender

Jurina starrte dem Mädchen noch hinterher, bis es im Unterholz des Waldes verschwunden war. "Wer zum Teufel war das?", fragte sie sich selbst und ging kopfschüttelnd weiter. War eine Mutter vielleicht mit einem Kind auf die Insel zurückgekehrt? Aber warum dann das Kleidchen? Und wieso rannte sie so panisch davon? Das konnte doch alles nicht zusammen passen.

Im Kinderdorf wurde Jurina, wie üblich, von einem ganzen Haufen der Kleineren umringt und begrüßt. Lachend kämpfte sie sich zu den Erwachsenen durch. Jetzt wollte sie Klarheit haben. Vielleicht hatte ja sonst noch jemand das Mädchen gesehen. Sie Erblickte Ga'ilana auf einer Bank und setzte sich neben sie. Als die Kinder merkten, dass sie nicht sofort spielen wollte, erlosch das Interesse recht schnell und sie konnte sich in Ruhe unterhalten.

"Du wirst nicht glauben, was ich eben gesehen hab.", begann Jurina geheimnisvoll. Ga'ilana gähnte demonstrativ. "Ein etwa 12 jähriges Mädchen mit pechschwarzer Haut und einem zerfetzten roten Kleid." Sie sah sie fordernd an und tat als hätte sie einen völlig abwegigen Versuch gemacht es zu erraten. Jurina stand der Mund offen. "Jetzt weiss ich wenigstens, dass ich nicht verrückt bin." "Nein. Verrückt bist du nicht." Jurina schaute abwartend. Ga'ilana schien mehr zu wissen und auf dieser Insel, wo ein neues Gericht auf dem Bufet reichte um ein Tagesgespräch auszulösen war Klatsch und Tratsch immer sehr begehrt. Aber offensichtlich wollte sie sichsich bitten lassen.

"Jetzt lass es dir doch nicht aus der Nase ziehen.", bettelte Jurina bereitwillig. Doch die Freundin fuhr nur mit den Fingern durch ihre krausen schwarzen Haare und zuckte die Schultern. "Ich habe keine Ahnung wo sie herkommt. Aber ich habe sie auch gesehen. Also wissen wir Beide nur, dass wir nicht verrückt sind. Sonst hat sie hier aber noch keiner gesehen." Jurina seufzte. "Wollen wir mal in den Norden gehen und nachsehen? Vielleicht wissen Frank und Mersad ja mehr?", schlug Ga'ilana vor und hielt nach ihrer kleinen Hashina Ausschau. Die war, wie immer, mit Laura zusammen und die beiden spielten selig. Jurina zögerte. "Und wenn das nun gefährlich ist?", fragte sie etwas bang.

Ga'ilana schnaufte kurz verächtlich. "Gefährlich? Kleine Mädchen sind also gefährlich? Ich finde es eher gefährlich, wenn sie hier herumrennt und keiner weiß wer sie ist." Jurina nickte unsicher. Der Gedanke an Fremde auf der Insel war ihr unbehaglich. Sie hatte sich im vergangenen Jahr sehr daran gewöhnt niemand Fremdes mehr zu treffen, jedenfalls nicht unerwartet. Doch schließlich siegte die Neugier. "Lass uns gehen." Sie verabschiedeten sich noch schnell von Hashina, damit sie Bescheid wüsste, dass ihre Mama wegging und machten sich auf den Weg durch den Wald. Sie nahmen allerdings die Wege.


Es war schon fast drei Uhr Nachmittags als endlich Arramoa in Sicht kam und Tom war sichtlich erleichtert. Wenn es sich irgendwie einrichten ließ wollte er zurück ein Flugzeug nehmen. Der Hubschrauber blieb einfach unangenehm für ihn. Er flog auch viel tiefer über das Wasser. Und seit Jimmy ihm mal unbedachterweise gesagt hatte, dass es im Falle eines Absturzes nichteinmal hoch genug wäre um einen Fallschirm zu ziehen, war ihm noch unwohler. Aus seinem Cockpitplatz hatte er eine gute Sicht aus der Frontscheibe und entdeckte schon bald an der Ostküste der Insel das improvisierte Lager, dass Mersad ihm beschrieben hatte und auch das Boot, dass dort im Wasser dümpelte.

Von dem Boot waren nur noch Bug und Heck zu erkennen. Es war voll Wasser gelaufen und schon fast versunken. Vielleicht lag es auch längst auf Grund, denn es tanzte mit den Wellen nur noch sacht hin und her. Tom staunte über die Größe des Bootes. Darin hatten über 50 Leute drei Monate zugebracht. Er hätte beim ersten Anblick bezweifelt, dass 50 Leute überhaupt dort hinein passen würden. Jimmy funkte kurz die Insel an. Am Bauernhof gab es ein Empfangsgerät, welches mit einem optischen Alarm verbunden war. Auf diese Weise konnten Frank und Mersad schon frühzeitig feststellen wann Jimmy landen würde und mussten nicht unnötig am Landeplatz auf ihn warten.

"Gleich haben sie's geschafft Sir.", lachte Jimmy Tom zu. Der nickte. Doch im Vergleich zu dem, was noch auf ihn wartete, war der Flug ein Spaziergang gewesen. Und sein erster Plan, die Flüchtlinge wieder ins Boot zu verfrachten, sie in amerikanische Hoheitsgewässer zu schleppen und die Küstenwache zu rufen, war gescheitert. Mit diesem Boot würde fürs Erste jedenfalls niemand irgendwohin fahren.

1 Kommentar:

  1. Wie böse, die armen Leutchen wegschleppen zu lassen. Pfui Tom! Aber verständlich. Soll er doch das Boot reparieren? Ist doch billiger, als die Leute alle zu verpflegen und auch noch medizinisch zu versorgen.

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