Montag, 13. Dezember 2010

Adventskalender 13 - Weihnachten auf Arramoa

Dies ist das 13. Kapitel meiner Adventsgeschichte. Ein Inhaltsverzeichnis findet ihr hier: Adventskalender

Seufzend klappte Tom den Schulatlas zu. "Ich werde sehen, was ich tun kann.", sagte er und versuchte nicht zu verbindlich zu klingen. Diese Leute waren Wirtschaftsflüchtlinge. Es würde schwer werden sie unterzubringen. "Ich will, dass du mir eine Liste machst.", erklärte Tom. "Du kannst doch schreiben?" Der Mann nickte heftig. "Gut. Dann mach mir eine Liste mit all deinen Leuten." Er nahm sich ein Blatt Papier und einen Stift und legte das Blatt quer. Dann fing er an den Kopf einer Tabelle zu zeichnen.

"Ich brauche natürlich den Namen, Geburtsdatum und Geburtsort. Dann will ich wissen ob derjenige Schreiben kann, welche Sprachen er spricht und welchen Beruf er hat, oder ob er überhaupt etwas gelernt hat. Und schreib mir die Leute, die zusammen bleiben müssen, also Familien und Paare, direkt untereinander. Und über und unter so eine Gruppe machst du jeweils zwei dicke Striche. Hast du das verstanden?" Der Schwarze Kerl nickte heftig. Er hätte zwar lieber ein Formular gehabt, aber eine Liste ausfüllen, das kam ihm richtig vor.

Tom stand auf und brachte den Kapitän höflich zur Türe. "Auf geht’s. Mach mir die Liste fertig. Am besten bis heute Abend. Spätestens morgen Früh. Dann bringst du die Liste hier ans Haus und gibst sie entweder Frank oder Mersad." Er gab dem Mann noch ein Klemmbrett und ein paar leere Blätter. Dann entließ er ihn. Tom überlegte, wen er in Portugal oder Frankreich anrufen könnte um einen Haufen, wahrscheinlich ungelernte, Arbeiter unterzubringen. Er war sich sicher, dass bei den meisten 'Bauer' auf der Liste stehen würde. Und genauso sicher war er, dass diejenigen in einer modernen Landwirtschaft nicht so ohne weiteres unterkommen würden.

Gut ausgebildete Leute verließen nicht einfach die Heimat um sich in eine ungewisse Zukunft zu begeben. Er stellte den Atlas zurück ins Regal und räumte die Teetassen in die Spüle. Dann ging er hinüber zur Scheune. Der Hubschrauber war vor einer halben Stunde schon wieder gestartet. Einige Frauen und Kinder saßen in der Sonne am Hubschrauberlandeplatz. Sie schienen auf die nächste Maschine zu warten. Er beließ es dabei. Aber diese Menschen würden ohnehin schnell mitbekommen, dass der Hubschrauber täglich vorbei kam. Viel wichtiger war, sie vom Süden der Insel fern zu halten. Und nach Möglichkeit auch die Mädchen hier vom Norden.

Letzteres dürfte kein großes Problem sein, da sowieso höchst selten und vereinzelt jemand von ihnen hier herauf kam. Doch die Leute abzuhalten dort hinunter zu gehen, das war eine verzwicktere Aufgabe. Man konnte sie eigentlich nur möglichst hart beschäftigen, damit sie abends in ihre Betten fielen und keine Lust hatten zu streunen. Und man musste dafür sorgen, dass sie genügend zu essen hatten und vor allem das Richtige. Sonst würden sie wohl noch auf Nahrungssuche gehen.

In der Scheune standen vier saubere Reihen aus Feldbetten. Auf jedem lag eine Decke und ein Kopfkissen. Die zehn Männer, die unter Franks Aufsicht das Lager aufgebaut hatten, saßen im Schatten und tranken kalten Tee. Tom nickte beeindruckt und schaute sich nach Frank um. Der war gerade dabei aus einer Viehtränke ein großes Waschbecken zu improvisieren. Es stand im hinteren Bereich der Scheune und er schloss gerade den Wasserschlauch an. "Funktioniert perfekt. Nicht schön aber selten.", lachte er Tom zu.

"Wann ziehen die Leute hier ein?", wollte Tom wissen. "Naja. Ich habe den Arbeitern jetzt eine Pause gegeben. Wenn sie fertig sind, sollen sie die anderen holen." "Ich hab mir überlegt, dass ich es gar unschön fände, würden die Leute die Insel erkunden und dabei im Süden auf ungewöhnliche Vorgänge treffen." Frank seufzte. "Du kannst sie hier aber weder anketten noch einsperren." "Das hab ich auch nicht vor. Aber wir könnten sie ja müde machen, so dass sie keine Lust mehr haben zu streunen?" Frank kroch unter der Tränke hervor und steckte seine Zange zurück in den Werkzeuggürtel. "Wie meinst du das?"

"Ihr habt doch sicher einen Haufen Arbeit zu tun. Irgendetwas bleibt doch immer liegen? Gebäude anstreichen, Maschinen reinigen, den Hof fegen oder so etwas. Und jetzt wo die Küche 50 Leute mehr verpflegen muss, muss ja auch mehr geerntet werden." Frank nickte langsam. "Such dir die Schlauesten raus. Dieser Kapitän, zum Beispiel, scheint nicht ganz dumm zu sein. Und denen gibst du jeweils drei bis fünf Leute an die Hand und eine Aufgabe hier im Norden. Irgendetwas, was den ganzen Tag dauert." "Du meinst, wenn sie den ganzen Tag gearbeitet haben, laufen sie abends nicht mehr über die Insel." Jetzt nickte Tom. "Du hast es verstanden. Schau dir an, wie sie aussehen. Manche von denen mehr tot als lebendig. Da ist nicht viel Arbeit notwendig um sie müde zu machen."

"Ich denke, dass ich das hinkriege.", versprach Frank vorsichtig.

1 Kommentar:

  1. Man muss den Leuten nur klar machen, dass auf der Insel viele giftige Spinnen und Schlangen durch das Gras krabbeln. Und weil nicht genug Gegengifte für alle da sind, müssen sie bleiben wo sie sind :)

    Müde arbeiten ist aber auch ne gute Idee. Das mach ich mit meinem Chef genauso *g*

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