Freitag, 22. Oktober 2010

Noctambule: Erlöst

Dies ist ein Kapitel aus KayGees Noctambule. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Inhaltsübersicht Noctambule

Anya hatte ihre Grenze erreicht. Ihre Muskeln und Sehnen schmerzten und zitterten. Im Traum würde sie nicht wagen, die Tür ihres Käfigs zu öffnen, auch wenn sie genau bemerkt hatte, dass er sie nicht verriegelt hatte. Sie vermutete den Test ihres Gehorsams dahinter und würde sich eher die Finger abbeißen, als diese Prüfung nicht zu bestehen. Schon seit einiger Zeit kämpfte sie gegen das Verlangen an, flehend nach ihrem Herrn zu rufen.

Wieder und wieder war sie kurz davor, es dennoch zu tun und holte schon Luft, jedes Mal stieß sie die Luft mit bebendem Stöhnen wieder aus.
Endlich öffnete sich die Tür. Das Geräusch war so ersehnt, dass sie zusammenzuckte, als es nun endlich zu hören war. Das Feuer im Kamin war herunter gebrannt und warf nur noch einen schwachen Schein durch den Raum.
Sie sah den hohen Schatten seiner geschmeidigen Gestalt und so viel Mühe sie sich auch gab, sie konnte wieder einmal keinen einzigen Schritt von ihm hören, als er zum Kamin ging, dort etwas abstellte und Holz nachlegte.
Dann erst wandte er sich ihr zu und näherte sich mit reglosem Gesichtsausdruck. Anya rührte sich nicht, sondern hielt sogar die Luft an. Hatte sie zu seiner Zufriedenheit still gehalten? Warum konnte sie nichts in seinem ebenmäßigen Gesicht lesen? Nicht einmal Freude über das Wiedersehen blitzte in seinen Augen. Nur ein leichtes Lauern war zu erkennen, als er die Tür öffnete und mit beiden Händen nach ihren Oberarmen griff.
Sie stöhnte auf, als er sie wie eine kleine Puppe heraushob und auf seinen Arm legte. Das plötzliche Strecken ihrer eingeschlafenen Beine schmerzte in den Muskeln. Sie hatte überhaupt keine Kraft in ihrem Körper.
Er schien es zu wissen, denn seine Lippen lächelten kaum merklich, als er sie zu einem Sessel trug, sich dort dicht am Kamin niederließ und sie quer auf seinem Schoß ablegte. Neben seinem Sessel stand ein kleiner Tisch mit einem Tablett, das er eben dort hingestellt hatte. Schnuppernd roch sie frischen Pfefferminztee und einen ganzen Teller voller Rührei. Ihr Magen meldete sich knurrend.
Aber noch meldeten sich ihre Beine zu schmerzhaft, um über Essen nachzudenken. Lächelnd sah er zu ihr herunter und begann mit seiner großen Hand ihre Beine zu massieren. Seine Finger förderten die Durchblutung während seine Augen beobachtend in ihrem Gesicht lagen.
Dunkle Haarsträhnen fielen in sein blasses Gesicht und wieder einmal starrte Anya fasziniert in diese bleiche Schönheit. Sie entspannte sich ein wenig und wagte es, ihren Kopf an seine Brust zu legen. Kurz umschloss sein Arm sie in wenig fester.
Er konzentrierte sich immer noch auf ihre Beine, bis die kribbelnden Schmerzen darin nachließen. Als könne er spüren, dass es ihr besser ging, lag seine Hand nun ruhig auf ihrem Oberschenkel und er musterte sie gründlich.
"Sicher hast du Hunger?" Nachdem sie seine Stimme so viele Stunden nicht gehört hatte, durchfuhr der sanfte, dunkle Ton sie wieder einmal mit erregender Kraft. Sie starrte ihn fassungslos über die Wirkung seiner Stimme an und nickte nur zaghaft. Er beugte sein Gesicht zu ihr herunter und atmete tief ein. Dann nickte er und ließ sie von seinem Schoß auf ihre Knie herunter gleiten.
Mit einer lässigen Handbewegung deutete er auf das Tablett und lehnte sich zurück. Anya rutschte auf den Knien näher an das kleine Tischchen, griff nach dem Besteck und begann mit Heißhunger zu essen. Erst nach dem dritten Bissen merkte sie selbst, wie ungehörig schnell sie das Essen herunter schlang und zwang sich zu ruhigem Kauen.
Als sie aufsah, bemerkte sie, dass sein Blick mit ruhigem Interesse auf ihr lag. Irgendetwas war anders an ihm. Sein Gesicht war nicht mehr ganz so bleich, aber das konnte es nicht sein.
Das gierige Lauern fehlte, das war es!
Im Moment empfand sie zwar Respekt vor ihm, aber die Angst fehlte, die er bisher ausgelöst hatte. Anya kam nicht darauf, woran das lag. Sie aß sittsam auf und genoss den Tee. Noch während des Essens meldeten sich andere Bedürfnisse. Immer wieder flog ihr Blick zu der Tür, hinter der das Bad lag, aber sie erinnerte sich auch an das Redeverbot und versuchte, ihren Drang zu unterdrücken.
Er schien ihre Unruhe zu bemerken und ein Lauern tauchte in seinen Augen auf. Während sie immer unruhiger wurde, färbte sich ihr Gesicht allmählich mit verlegener Röte. Sie war in einem Dilemma.
Einerseits hatte sie sich vorgenommen, unbedingt seine Regeln zu beachten, andererseits hatte sie nicht damit gerechnet, dass er nicht auf ihre natürlichsten Bedürfnisse einzugehen gedachte. Das Essen hatte ihren Kreislauf angeregt und verschlimmerte ihre Situation nun zunehmend. Schließlich glaubte sie es kaum noch auszuhalten, doch er erlöste sie zu ihrer grenzenlosen Erleichterung.
"Du wirst jetzt ins Bad gehen, dich für mich frisch machen und bist in fünf Minuten wieder bei mir." befahl er sehr ruhig und griff in seine Weste, um eine Taschenuhr herauszuziehen. Ohne sie weiter anzusehen, klappte er sie auf und prüfte die Uhrzeit. Anya rappelte sich sofort hoch.

1 Kommentar:

  1. Mit der Stoppuhr aufs Klo .. Oh gott ich würde sterben.

    aber besser, als wenn er zusieht.

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