Mittwoch, 30. Juni 2010

Verständnis

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

"Bist du sicher, dass du das willst?", fragte Jurina etwas perplex. "Nach Seattle? Hier ist es doch schön und dein heißgeliebter Joe kann doch vorbeikommen, wann immer er möchte.", wand sie dann ein. Nadja schaute aufs Meer hinaus. "Darum geht es doch nicht. Es geht darum, dass ich etwas aus mir machen möchte." Ihr Ton war sehr bestimmt.

Sie hatte den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht wie das wohl werden würde. Und je mehr sie nachdachte, desto richtiger fühlte es sich an. Joe war zwar ein wenig zu alt für sie, aber auch sie würde ja älter werden und dann schließlich wäre es irgendwann egal.

"Etwas aus dir machen? Wozu, wenn du doch hier alles hast, was du brauchst?" Jurina verstand immer noch nicht, warum ihre Freundin weg wollte. "Jurina, Süße, ich möchte zur Schule gehen und studieren. Ich möchte einen Beruf haben und arbeiten gehen." Jetzt war Jurina endgültig verwirrt. "Du willst arbeiten gehen obwohl du hier ein Leben haben könntest, wo du nie wieder einen Hammer oder sonstwas in die Hand nehmen müsstest und dir bis ans Lebensende keine Sorgen machen musst?" Sie konnte beim besten Willen nicht verstehen, was ihre Freundin von der Insel wegzog.

"Genau das möchte ich!", bestätigte sie. Jurina schüttelte den Kopf. "Na wenn dich das glücklich macht.", lachte sie. "Ich hoffe aber du vergisst uns hier nicht!" "Niemals! Es war eine sehr schöne Zeit hier und ich werd euch E-Mails schreiben und Briefe und vielleicht besucht ihr mich ja mal." "Na dann ist doch alles prima!", erklärte sie und gab ihrer Freundin einen Kuss. "Du bist ja noch nicht sofort weg. Wann fliegst du?"

"Wenn alles klar ist, mein Visum da ist und Joe alles vorbereitet hat für mich. So etwa in einer Woche." "Na dann sehen wir uns ja noch.", quietschte Jurina fröhlich. "Ich freu mich jedenfalls, dass du bekommst, was du willst. Auch wenn ichs nicht verstehen kann, wie man einen Dauerurlaub gegen Schule und Studieren tauschen kann." Sie umarmte Nadja und stand dann auf. "Nun will ich aber noch ein bisschen trainieren bevor ich was esse." Sie zupfte an ihrem Oberarm. "Guck mal alles ganz schlabbrig. Wir sehen uns später." Damit hüpfte sie von dannen.

Nadja musste leicht lachen. Und auch Ga'ilana, die noch nichts gesagt hatte, schüttelte den Kopf. "So ist sie, unser kleiner Wirbelwind." "Ich glaube, sie versteht mich nicht.", sagte Nadja und war fast ein bisschen enttäuscht. "Nein. Das tut sie auf keinen Fall.", bestätigte Ga'ilana und nickte bedächtig.

"Aber du verstehst mich doch." Nadja klang fast schon bettelnd. Sie zweifelte nun ein wenig ob es wirklich gut war, ein neues Leben zu beginnen. Dankbar sah sie, wie Ga'ilana bedächtig nickte. "Es ist nicht gut, wenn man so schlau ist und nichts damit macht. Da wird man nur traurig.", meinte sie dann ganz pragmatisch. "Und du meinst ich bin schlau?" Nadja musste etwas grinsen. Diese Ansage machte sie verlegen. "Du bist das klügste Mädchen hier seit langer Zeit. Und es war schon immer so, dass solche wie du gegangen sind. Es hat noch keine hier lange ausgehalten." "Passiert es also öfter, dass Mädchen einfach so gehen? Ohne ein Kind."

"Natürlich. Wenn Tom uns holt kommen wir alle erstmal hierher. Und dann, wenn wir wieder gesund sind schaut man weiter. Manche gehen zurück zur Familie, weil sie eigentlich gern dort sind und nur entführt wurden. Andere bleiben hier. Und solche wie du, die gehen weg auf eine Schule oder eine Uni und studieren." Nadja war erleichtert, dass sie scheinbar einen normalen Weg einschlug. Ihre Zweifel an ihrer Entscheidung verschwanden. "Danke!" Nun drückte sie Ga'ilana feste. "Gerne!", lächelte die.

"Jetzt muss ich mich nur noch von Thorsten verabschieden.", meinte Nadja dann traurig. "Ach das bekommst du schon hin!", lächelte sie.

2 Kommentare:

  1. Tja, wie ich Nadja einschätze, wird ihr dieser Abeschied schwer fallen.
    Immerhin hat er einen Haufen Geld für sie bezahlt, die Scheidung ihrer Mutter finanziert und sie medizinisch versorgt, was ja bekanntlich auch nicht ganz billig ist. Da könnte ein gewisser Vorwurf über Undankbarkeit aufkommen.

    Natürlich wird Thorsten ihr nichts vorwerfen. Wehe wenn! Aber kann Nadja tatsächlich in ihrer neuen Umgebung den Mund über ihr bisheriges Leben halten? Will eine 16-jährige nicht auch gerne ein wenig wichtig sein und mit ihren Erlebnissen beeindrucken?

    Bin ja mal gespannt, wie das nun wird.

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  2. Bekomm ich eigentlich meine Lesbengeschichte mit Jurina noch? *grummel*

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