Donnerstag, 24. Dezember 2009

Auf nach Deutschland

Dies ist eine Fortsetzungsgeschichte. Für eine Inhaltsübersicht zu bisherigen Inhalten schaut doch bitte hier: Übersicht Nadja

Der klapprige alte VW-Bus näherte sich. Und Nadja war aufgeregt wie ein kleines Kind. Sie nahm ihren Koffer in die Hand. Die Schiebetür schob sich auf und ein riesenhafter Kerl mit groben fast entstellten Gesichtszügen schaute sie an. "Du bist Nadja?" fragte er unfreundlich. Unsicher sah Nadja den Kerl an. "Ja. Und ich möchte nach Deutschland! Arbeiten." Der Kerl rutschte aus dem Fahrzeug und nickte. "Ich bin Boris! Du tust was ich sage. Gib mir deinen Koffer, steig ein und sei still!"
Unsicher stand Nadja am Straßenrand. Das war irgendwie nicht, was sie sich vorgestellt hatte.



Keine Spur von dem modernen Reisebus der in der Broschüre abgebildet war. "STEIG EIN!", motzte Boris sie an, als sie zögerte. Ihren Koffer riss er ihr aus der Hand und schleuderte ihn Unsanft durch die Heckklappe in den Wagen. Einen Augenblick lang überlegte Nadja zu protestieren aber dann siegte ihr Wille Deutschland zu erreichen. Notfalls in diesem klapprigen Bus. "Was ist schon ein Leben mit Ivan gegen eine Reise in diesem Schrotthaufen." überlegte sie und stieg ein.

Im Fahrzeug saßen schon 4 Mädchen. Sie wurde von Boris mit deutlichen Gesten und einem kleinen Schubs auf einen freien Sitz befördert. "Hallo - Ich bin Nadja." Sagte sie fröhlich und schaute die anderen Mädchen an. Diese waren alle ungefähr in ihrem Alter. Die Mädchen schauten sie etwas ängstlich an. Und im selben Augenblick spürte sie einen Groben Tritt von Boris vor ihr Schienbein. "STILL SEIN!" Motzte er nur und kletterte nach vorne auf den Beifahrersitz. Das Licht im Fahrzeug wurde gelöscht und Die Fahrt begann. Nadja zitterte vor Angst aber nun war es auch zu spät. Das Fahrzeug rollte durch die Dunkelheit. Viel zu spät begann ihr all das spanisch vorzukommen.

Ängstlich kauerte sie sich in den Sitz. Genau wie die anderen vier. Immer wieder warf sie verstohlene Blicke zu den anderen und aus dem Fenster. Aber zu erkennen war in der Dunkelheit nicht viel. Der Wagen schob sich über die großen Straßen durch die Nacht. Jeden Anflug einer Unterhaltung blockierte Boris sofort mit harten Worten. Und als zwei der anderen sich nicht belehren ließen stieg er nach hinten und rammte beiden die Faust in die Magengrube. Danach wagte keine mehr zu sprechen. Nadja auch nicht.

Stunden um Stunden währte die Fahrt. Die Sonne war noch nicht aufgegangen als der Wagen die gut ausgebaute Straße verließ. Es ging über Landstraßen und Waldwege weiter. Und im Licht der aufgehenden Sonne passierte der Wagen die grüne Grenze nach Polen. Die Pässe hatte Boris für die "Grenzformalitäten" längst eingesammelt. Nur widerwillig und unter Zuhilfenahme einer Ohrfeige hatte Nadja ihn herausgerückt.

Der Wagen schob sich durch fast nicht vorhandene Pfade weiter durch den Wald. Und als die Sonne langsam Kraft bekam hielt der Wagen an. Die Kennzeichen wurden ausgewechselt und es ging zurück auf die gut ausgebauten Autobahnen. Boris und der Fahrer wechseln sich gelegentlich ab. Und für die Mädchen im hinteren Teil des Wagens wurde die Fahrt zum Martyrium.

Es gab nur wenige Pausen. Sie durften nach wie vor nicht miteinander sprechen und jedes Auflehnen gegen eine Anweisung von Boris oder seinem Fahrer wurde sofort mit einer Ohrfeige oder auch einem Fausthieb quittiert. Wo angehalten wurde, war weit und breit kein Haus zu sehen, so dass sich auch eine Flucht nicht gelohnt hätte. Sie waren in die Fänge dieser Männer geraten und nur Gott wusste was sie mit ihnen vorhätten. Aber langsam machte sich eine Ahnung breit.

Und in den seltenen, leisen, flüsternden Gesprächen außerhalb der Aufsicht der beiden Männer machten sie ihrer Angst Luft und sprachen sich Mut zu. Sie alle hatten das mehr oder weniger gleiche Schicksal hinter sich. Nur die jüngste, Jurina, verlor ihren Glauben nicht. "Die müssen Kosten sparen. Deshalb ist die Reise so unkomfortabel." war ihre feste Überzeugung. Nadja nahm sich ihrer an konnte sie aber von dieser Vorstellung auch nicht abbringen.

Über die Grenze nach Deutschland wurde es noch einmal unkomfortabler. Die Mädchen wurden in einem Waldstück nahe der Grenze in Kofferräume normaler Autos verfrachtet. In Deutschland ging es dann wieder mit dem VW-Bus weiter. Wieder mit ausgetauschten Kennzeichen. Und als sich wieder einmal die Sonne dem Boden entgegen senkte kam die kleine Reisegesellschaft in der Nähe von Hannover an.

Der Bus fuhr durch ein stählernes Tor auf einen Innenhof. "Wir sind da!" mault Boris und macht die Schiebetür auf. "Aussteigen, Koffer nehmen, da rein!" Er deutet auf eine Kellertreppe. Ängstlich und gezeichnet von der anstrengenden Reise nahmen die Mädchen ihre Koffer aus dem Wagen und stiegen unbeholfen die Treppe in den Keller hinab.

3 Kommentare:

  1. Düster und sehr bedrückend *bibber*

    "Was ist schon ein Leben mit Ivan gegen eine Reise in diesem Schrotthaufen" (Z. 16)
    Wird Ivan später noch erwähnt, oder ist da Juri gemeint?

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  2. Ivan ist Juri 2.0. Ich hab den Namen später noch geändert aber offensichtlich das erste Kapitel vergessen.

    Danke für den Hinweis. Jetzt stimmt es auch im ersten Kapitel.

    Gruß
    Geschichtenblogger

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  3. Schon ist sie in der Falle Armes Mädchen. Dieser Boris ist mir nicht geheuer

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